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Von Hamburg nach St. Petersburg Krim-Embargo: Hamburg erhebt Anklage wegen Verstoßes

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Vom Hamburger Hafen aus sollen vier Gasturbinen über Umwege auf die annektierte Krim geliefert worden sein. Seit 2014 besteht allerdings ein Lieferverbot.

Vom Hamburger Hafen aus sollen vier Gasturbinen über Umwege auf die annektierte Krim geliefert worden sein. Seit 2014 besteht allerdings ein Lieferverbot.

(Foto: picture alliance/dpa)

Seit der russischen Besetzung der ukrainischen Halbinsel Krim vor zehn Jahren besteht ein Ausfuhrverbot der EU. Nun erhebt die Staatsanwaltschaft Hamburg wegen eines angeblichen Verstoßes gegen das Embargo Anklage gegen fünf ehemalige Beschäftigte von Siemens.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach mehr als sechs Jahren Ermittlungen fünf Beschuldigte angeklagt, weil sie an der rechtswidrigen Lieferung von Siemens-Gasturbinen auf die von Russland besetzte ukrainische Halbinsel Krim beteiligt gewesen sein sollen. Über die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg wurde laut Staatsanwaltschaft bislang nicht entschieden.

Demnach werden vier Deutsche und ein schweizerisch-französischer Staatsbürger beschuldigt. Das teilte die Ermittlungsbehörde auf Anfrage mit. Ihnen werden Verstöße gegen das Verkaufs-, Ausfuhr- und Lieferverbot bestimmter Güter vorgeworfen, das sogenannte "Krim-Embargo", das die EU als Reaktion auf die Annexion der Krim erlassen hatte. Zuvor hatte die "Wirtschaftswoche" berichtet.

Der konkrete Vorwurf

"Den Beschuldigten wird vorgeworfen, in den Jahren 2015 bis 2017 in verschiedenen Funktionen am Verkauf von vier Gasturbinen an ein russisches Staatsunternehmen und deren vertragswidrigen Transport auf die Krim beteiligt gewesen zu sein", teilte eine Sprecherin der Behörde mit. "Die Gasturbinen sollen zu einem Gesamtpreis von mehr als 111 Millionen Euro an das russische Unternehmen verkauft und zwischen November 2015 und Januar 2016 über den Hamburger Hafen nach St. Petersburg exportiert worden sein. Im Juli 2017 sollen sie schließlich durch Beauftragte des russischen Staatsunternehmens per Binnenschiff auf die Krim verbracht worden sein."

Sie sollen davon gewusst haben, dass die Gasturbinen nicht für Südrussland, sondern für zwei neue Kraftwerke auf der Krim zur Stromversorgung der von Russland annektierten Halbinsel bestimmt waren, um dort die Energieversorgung zu sichern. Dies hätten sie aber im Rahmen der Genehmigungsverfahren für den Vertragsabschluss, die Ausfuhr und die Verbringung der Gasturbinen verschwiegen, so die Staatsanwaltschaft.

"Zudem sollen sie konzerninterne Vorgaben zur Sicherstellung des Endverbleibs der Turbinen in Südrussland nicht umgesetzt haben", hieß es weiter. "Ziel der Beschuldigten soll gewesen sein, sowohl vom Verkauf der Gasturbinen als auch von einem in Aussicht gestellten Servicevertrag über die verkauften Gasturbinen mittelbar über variable Gehaltsbestandteile selbst zu profitieren."

Siemens sieht sich als Opfer eines russischen Kunden

Ein Siemens-Sprecher sagte, alle fünf Angeschuldigten bestritten die Vorwürfe. Die Gasturbinen-Sparte gehörte damals noch zur Siemens AG, für die einer der Angeklagten noch arbeitet. Mit der Abspaltung von Siemens Energy landete die Sparte, die in Russland gemeinsam mit der einheimischen Power Machines betrieben wurde, bei dem Energietechnik-Konzern. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine wurde das Gemeinschaftsunternehmen verkauft.

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Siemens sieht sich in der Affäre als Opfer ihres russischen Kunden TechnoPromExport. Der Sprecher der Siemens AG sagte, man habe in den Jahren 2016 und 2017 erfahren, dass mehrere für das südrussische Taman bestimmte Gasturbinen "vom russischen Vertragspartner vertragswidrig und ohne Wissen und Wollen von Siemens auf die Krim verbracht" werden sollten. Siemens habe noch versucht, sich dagegen zu wehren, sei aber in Russland nicht durchgedrungen. Man habe auch die Staatsanwaltschaft über die Vorgänge informiert und werde die Behörden bei der Aufarbeitung weiterhin unterstützen. Siemens Energy erklärte, man habe seit der Erlangung der Eigenständigkeit 2020 mit den Ermittlern kooperiert und werde dies auch weiterhin tun.

Die Krim gehört zur Ukraine, ist aber seit 2014 von Russland besetzt. Deshalb ist sie mit Sanktionen belegt, ein Export dorthin verstößt auch gegen das Außenwirtschaftsgesetz.

Quelle: ntv.de, mes/dpa/rts

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