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SPIEGEL-Spitzengespräch Zeitzeugin Friedländer besorgt über Erfolg der AfD

Auch mit 102 Jahren erinnert Margot Friedländer unermüdlich an Aufstieg und Verbrechen der Nationalsozialisten. Im SPIEGEL-Talk wirft sie rechten Parteien vor, »nicht menschlich« zu sein – und zieht historische Parallelen.
Zeitzeugin Friedländer

Zeitzeugin Friedländer

Foto: DER SPIEGEL

Die Holocaustüberlebende Margot Friedländer sieht in der derzeitigen gesellschaftlichen Debatte Parallelen zur Zeit vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten. »So hat es damals auch angefangen«, sagte die 102-jährige Zeitzeugin im SPIEGEL-Spitzengespräch mit Moderator Markus Feldenkirchen.

»Der Hass ist jetzt wieder laut geworden, der damals aufgestachelt wurde«, sagte Friedländer. »Es sind Menschen, die Menschen nicht anerkennen als Menschen.« Auf die Frage, ob ihr der Erfolg der AfD Sorge bereite, sagte Friedländer: »Selbstverständlich.« Sie würde die Partei »auf keinen Fall« wählen. Die »Richtung«, die rechte Parteien derzeit einschlügen, sei »nicht menschlich«.

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Friedländers Eltern und ihr Bruder wurden in Konzentrationslagern der Nationalsozialisten ermordet. Sie selbst überlebte ihre Internierung im Konzentrationslager Theresienstadt und wurde für ihre jahrelange Erinnerungsarbeit vielfach geehrt, darunter mit dem Bundesverdienstkreuz.

»Ich wusste, es gibt gute Deutsche«

Im SPIEGEL-Talk sprach Friedländer über ihr bewegtes Leben, ihre Emigration in die USA und ihr Verhältnis zu ihrer Geburtsstadt Berlin. »Ich bin so froh, in einer so schönen Stadt geboren zu sein«, sagte Friedländer. Daran ändere auch das ganze Leid nichts, das sie zur Zeit des Nationalsozialismus dort erlebt habe. »Ich bin hier geboren. Es ist meine Heimat.« Auch habe sie in Berlin Hilfe von Deutschen erfahren, die ihr unter hoher Gefahr für ihr eigenes Leben Unterschlupf geboten hätten. »Ich wusste, es gibt gute Deutsche«, sagte Friedländer.

Nach Kriegsende emigrierte Friedländer mit ihrem Mann Adolph, einem weiteren Holocaustüberlebenden, in die USA – Deutschland wollte sie eigentlich nie wieder betreten. Seit 2010 lebt sie wieder in Berlin.

»Es ist für die, die es nicht geschafft haben«

Ihren unermüdlichen Einsatz, auch im hohen Alter etwa mit Vorträgen an Schulen weiter an die Menschheitsverbrechen der Nazis zu erinnern, begründete Friedländer mit einer Verpflichtung gegenüber den Opfern des Holocaust. »Es ist für die, die es nicht geschafft haben. Die nicht vergessen werden sollen.«

Durch das Gespräch mit jungen Menschen wolle sie ihre Erfahrungen weitergeben: »Ihr sollt die Zeitzeugen sein, die wir nicht mehr lange sein können. Es ist in eurer Hand, dass das nie wieder geschieht, was gewesen ist.« Ihre Arbeit ermögliche es ihr, mit dem Erlebten umzugehen: »Das Sprechen hilft, denn ihr hört mich an!«

Das SPIEGEL-Spitzengespräch mit Margot Friedländer ist am Mittwochabend ab 20 Uhr auf SPIEGEL.de verfügbar.

fek