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Rechtsradikales Vernetzungstreffen Beschwerden zu »Correctiv«-Recherche scheitern vor Gericht

»Correctiv« berichtete von einem Treffen in Potsdam, bei dem ein »Masterplan zur Remigration« diskutiert wurde. Manche Beteiligte wehren sich bis heute gegen die Recherchen – und mussten nun in zweiter Instanz eine Niederlage hinnehmen.
»Correctiv«-Buch »Der AfD Komplex«: Gemeinnützige Recherchen

»Correctiv«-Buch »Der AfD Komplex«: Gemeinnützige Recherchen

Foto: Hendrik Schmidt / dpa

Am 10. Januar dieses Jahres erschütterte eine Enthüllung des Recherchenetzwerks »Correctiv« die Republik. Reporter hatten aufgedeckt, dass bei einem Treffen von Rechtsextremen, Rechtskonservativen und AfD-Funktionären im November in einer Villa am Lehnitzsee in Potsdam Pläne für eine groß angelegte »Remigration« diskutiert wurden. So wird die millionenfache Abschiebung von Einwanderern und Deutschen mit Migrationshintergrund beschönigend bezeichnet.

Seit dem Bericht tobt eine Schlacht um die Deutung dieses Treffens und die dort besprochenen Inhalte, die auch vor Gericht ausgetragen wird. In gleich zwei Fällen verhandelte nun das Oberlandesgericht Hamburg mehrere Punkte, die zuvor vom Landgericht nicht beanstandet wurden. Und entschied in zweiter Instanz vollumfänglich zugunsten von »Correctiv«.

Sieg vor Gericht

So scheiterte etwa der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, der sich in erster Instanz in einem von drei Punkten durchgesetzt hatte, mit seiner Beschwerde gegen die Entscheidung des Landgerichts. Er hatte unter anderem erfolglos Passagen angekreidet, in denen es um seine Person ging. Und um die Frage, ob Äußerungen von ihm richtig wiedergegeben wurden.

Das Oberlandesgericht wies seine Beschwerde nun zurück. Demnach sei im Artikel weder »ein unzutreffender Eindruck« von der Rechercheanfrage an Vosgerau erweckt worden, was dessen Anwalt von der Kanzlei Höcker behauptet hatte – noch seien seine Antworten in unzulässiger Weise »verkürzt wiedergegeben« worden. Das »verzerrte Bild« seiner Antworten, das Vosgerau beklagt habe, sehen die Richter nicht.

Keine Prangerwirkung

Auch der Teilnehmer Klaus Nordmann scheiterte mit seiner Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung vor dem Oberlandesgericht vollumfänglich. Er hatte sich unter anderem ohne Erfolg dagegen gewehrt, namentlich und als »AfD-Großspender« in dem »Correctiv«-Bericht aufzutauchen. Im Beschluss des Gerichts heißt es nun, die Bezeichnung sei »auch und gerade im Kontext der Berichterstattung zulässig«.

»Das Gericht hat klargestellt, dass wir nichts von dem Kern damals zurückgenommen haben«

»Correctiv«-Stellungnahme

Der Antragsteller habe auch keinen Anspruch gegen »Correctiv«, »die Nennung seines Namens im Kontext der Berichterstattung zu unterlassen«. Von einer »Prangerwirkung« könne, so die Vorsitzenden Richter, »keine Rede sein«. Auch mögliche negative Auswirkungen der Berichterstattung, wenn es sie denn in seinem Fall überhaupt gab, hätte Nordmann nach Ansicht des Gerichts hinzunehmen.

Beide Entscheidungen sind vorläufig, Vosgerau und Nordmann können noch eine sogenannte Hauptsacheklage erheben.

Für die Journalisten besonders wichtig ist ein Absatz, in dem die Richter das Narrativ der Gegenseite zerpflücken. »Correctiv« selbst habe klargestellt, dass die »durch manipulativ inszenierte Wertungen erweckte Vorstellung« von der Ausweisung deutscher Staatsbürger nach rassistischen Kriterien »falsch« sei, hatte der Anwalt der Potsdamer Teilnehmer behauptet. Stimmt nicht, sagt das Oberlandesgericht.

»Das Gericht hat klargestellt, dass wir nichts von dem Kern damals zurückgenommen haben und dass beide Beschwerden keinen Erfolg hatten«, schreiben die »Correctiv«-Macher auf LinkedIn. »Das was wir geschrieben haben, steht.«

rai