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Quilts und Gemälde zum schwarzen Protest US-Künstlerin Faith Ringgold ist tot

Kunst und Aktivismus gehörten für sie zusammen: 1970 wegen Schändung der US-Flagge festgenommen, erhielt ihr Werk erst spät die gebührende Anerkennung. Nun ist Faith Ringgold gestorben.
Künstlerin Ringgold 2013 in ihrem Studio in New Jersey: Revolutionäre Textildecken

Künstlerin Ringgold 2013 in ihrem Studio in New Jersey: Revolutionäre Textildecken

Foto: Melanie Burford / The Washington Post / VG Bild-Kunst, Bonn / Getty Images

Ihr berühmtestes Werk schuf Faith Ringgold 1967: In Öl malte sie einen schwarzen Mann, eine weiße Frau und einen weißen Mann, ihre Arme verschränkt, hinein in eine Stars-and-Stripes-Flagge mit Blutstropfen, von denen einige aus der Brust des Schwarzen zu tropfen scheinen. »Das schwarze Guernica« nannte die »Süddeutsche Zeitung« einmal das Gemälde »The Flag is Bleeding«, Teil 18 von Ringgolds »The American People«-Serie, mit der sie politische Themen bearbeitete.

Am Freitagabend ist Faith Ringgold nach Angaben ihrer Assistentin Grace Matthews bei sich zu Hause in Englewood im Bundesstaat New Jersey gestorben. Ihre Gesundheit war demnach schon länger angegriffen. Sie wurde 93 Jahre alt.

Faith Ringgolds höchst persönlich gehaltene Kunstwerke sind heute in öffentlichen und privaten Sammlungen in den USA und darüber hinaus zu finden. Doch ihr Weg zum Ruhm war nicht einfach in einer Kunstwelt, die weiß und männlich dominiert ist, und in einem politischen Umfeld, in der die Bürgerrechtsbewegung von den Stimmen schwarzer Männer geprägt wurde. 1971 gründete Ringgold ein schwarzes Künstlerinnenkollektiv, »Where We At« und wurde zu einer Aktivistin, die gegen den Mangel der Repräsentation von schwarzer und weiblicher Kunst in den amerikanischen Museen ankämpfte.

Malerin Ringgold 1999 in New York

Malerin Ringgold 1999 in New York

Foto: Anthony Barboza / VG Bild-Kunst, Bonn / Getty Images

»Ich wurde zur Feministin aus Empörung darüber, wie Frauen in der Kunstwelt marginalisiert wurden«, sagte die Künstlerin 2019 der »New York Times«: »Ich fing an, diese Perspektive in mein Werk aufzunehmen, mit einem besonderen Fokus auf schwarze Frauen als Sklavinnen und deren sexuelle Ausbeutung.«

In ihrem ersten illustrierten Kinderbuch, »Tar Beach«, fliegt die Heldin über die George Washington Bridge. Für sie symbolisierte die Geschichte die Selbstbestimmung und Freiheit von Frauen, die »diese riesige maskuline Ikone, die Brücke« angehen. Das Kinderbuch basierte auf einem erzählenden Quilt , einem Textilkunstwerk, das heute im Guggenheim Museum in New York hängt. 2005 veröffentlichte sie ihre Memoiren unter dem Titel »We Flew over the Bridge«.

So ernst ihre Themen sind, so farbenfroh und optimistisch wirkt ihr künstlerischer Stil, der von Volkskunst beeinflusst ist und Erinnerungen an ihr Aufwachsen in Harlem hervorruft. Quilts als künstlerische Form integrierte sie in den Siebzigerjahren in ihr Werk, inspiriert von tibetischer Kunst.

1982 thematisierte sie »Aunt Jemima«, die stereotypische »schwarze Mama« auf der Packung eines amerikanischen Pancake-Sirups: »Sie hat die gleichen negativen Konnotationen wie Onkel Tom«, beschrieb sie den Hintergrund ihres Story-Quilts dazu. Unter dem Titel »The French Collection« schuf sie eine Reihe von zwölf Quilts, in der sie afroamerikanische Positionen und klassische westliche Kunst in Verbindung setzt. Auf einem der Bilder tanzen Ringgolds Töchter im Louvre, ohne die »Mona Lisa« mit einem Blick zu würdigen. Ein anderes zeigt afroamerikanische Künstler aus der Epoche der Harlem Renaissance neben traditionellen Kunstgiganten wie Pablo Picasso. Auch die Ereignisse von 9/11 thematisierte sie in erzählenden Quilt-Werken.

Ringgold-Kunstwerke »We Came to America: The American Collection #1« und »The Flag is Bleeding #2: The American Collection #6«

Ringgold-Kunstwerke »We Came to America: The American Collection #1« und »The Flag is Bleeding #2: The American Collection #6«

Foto: Christina Horsten / VG Bild-Kunst, Bonn / dpa

Faith Ringgold kam 1930 in Harlem als Tochter einer Näherin und eines Lastwagenfahrers zur Welt. Sie schloss ein Kunststudium am City College of New York ab. Ihr künstlerisches Motto war: »Wenn es eine kann, kann es jede, man muss es nur versuchen«. Sie war eine alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern, verdiente ihr Geld zunächst als Kunstlehrerin.

Im November 1970 wurde eine von ihr mit vorbereitete Gruppenausstellung verboten und sie wurde festgenommen. Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der »People’s Flag Show« ließen ihre Beiträge um die US-Flagge kreisen, ein Exemplar wurde auch verbrannt, das und anderes galt als Schändung.

Faith Ringgold in ihrem Studio in Englewood

Faith Ringgold in ihrem Studio in Englewood

Foto: The Washington Post / Getty Images

Von 1987 bis 2002 lehrte Faith Ringgold als Kunstprofessorin an der University of California in San Diego. Ihre Werke fanden ihren Weg in die größten Museen des Landes. 2016 entschied sich das Museum of Modern Art für den Ankauf von »The Flag is Bleeding« und hängte es neben ein Hauptwerk Picassos. Auch international wurde Ringgold in den vergangenen Jahren prominenter. 2018 zeigte die Galerie Weiss in Berlin die erste Einzelausstellung der Künstlerin in Deutschland. 2023 widmete das Musée Picasso in Paris unter dem Titel »Black is beautiful« Faith Ringgold eine große Retrospektive .

feb/AP

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