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Bericht des Expertenrats: Deutschland schafft historischen CO2-Rückgang, doch zwei Minister müssen nachsitzen
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Straßenverkehr auf der A8 bei Stuttgart: Der Verkehrssektor bleibt Klima-Sorgenkind
Getty Images/Westend61 Straßenverkehr auf der A8 bei Stuttgart: Der Verkehrssektor bleibt Klima-Sorgenkind
  • FOCUS-online-Redakteur
Montag, 15.04.2024, 15:12

Bereits im März bescheinigte das Umweltbundesamt der Ampel-Regierung eine historisch große CO2-Ersparnis. Der sogenannte Expertenrat für Klimafragen hat diese Berechnung jetzt bestätigt - und hier wird es für die Ampel unangenehm. Denn der Expertenrat kann die Klima-Sünder unter den Ministern zum Nachsitzen verdonnern. Das sorgte schon im Vorfeld für Ärger.

Es sind Zahlen, die Volker Wissing nicht gefallen können. Um rund zehn Prozent ist der deutsche CO2-Ausstoß im Jahr 2023 zwar zurückgegangen, von 750 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten auf nunmehr 674 Millionen Tonnen. Das gab der sogenannte Expertenrat für Klimafragen der Bundesregierung am Montagvormittag bekannt - und bestätigte damit die Berechnungen des Umweltbundesamts (UBA) aus dem März. Der Rückgang sei vor allem auf die voranschreitende Energiewende zurückzuführen, aber auch auf die flaue wirtschaftliche Lage. 

Im Verkehrssektor, für den Wissing zuständig ist, sieht die Situation allerdings anders aus. Um 12,8 Millionen Tonnen CO2 überschritt der Verkehrsbereich im abgelaufenen Jahr seine CO2-Grenze. „Eindeutig“ sei die Verfehlung des Jahresziels, konstatierte Hans-Martin Henning, der Vorsitzende des Expertenrats. Zwar habe es eine kleine Einsparung im Vergleich zum Vorjahr gegeben, hatte der UBA im März festgestellt - allerdings eher aufgrund der wirtschaftlichen Lage und nicht wegen politischer Entscheidungen. So sei etwa das Aufkommen im Straßengüterverkehr zurückgegangen.

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Doppeltes Nachsitzen

Für den FDP-Minister bedeutet das: Er muss nachsitzen. Denn die Zahlen des Expertenrats sind bindend. Wenn ein Sektor (also Verkehr oder Industrie oder Energie oder Gebäude) seine Ziele reißt, dann muss das zuständige Ministerium binnen drei Monaten in einem Sofortplan darlegen, wie es die Emissionen einzusparen gedenkt. Dazu ist es gemäß des Klimaschutzgesetzes verpflichtet. Der Expertenrat überprüft dann, ob die Pläne ausreichend und plausibel sind - oder nicht. Im Notfall muss das Ministerium dann eben nochmal nachsitzen. 

Nun muss also Wissings Haus bis Juli einen solchen Sofortplan vorlegen, der aufzeigt, wie die 12,8 Millionen Tonnen eingespart werden können. Gleiches gilt für das Bauministerium, das seine Ziele ebenfalls überschritten hat, allerdings wahrscheinlich nur knapp. 

Panischer Brief

Das letzte Sofortprogramm im Verkehrssektor stammt allerdings aus dem Jahr 2022. Das Ministerium hatte damals einen Klimaplan vorgelegt, der anstelle der gesetzlich vorgeschriebenen 275 Megatonnen CO2 bis zum Jahr 2030 lediglich Einsparungen von 14 Megatonnen vorsah. Das Sofortprogramm sei „schon im Ansatz ohne hinreichenden Anspruch“, hieß es damals in einer scharfen Stellungnahme des Expertenrats.

Im Jahr 2023 sparten sich das Verkehrsministerium und das SPD-geführte Bauministerium ihr Sofortprogramm sogar ganz: Die Ampel-Koalition hatte kurzerhand das Klimaschutzgesetz geändert, um sich dieser Pflicht zu entledigen, vor allem auf Drängen der FDP. Fortan sollte nur noch die Gesamtrechnung zählen, die einzelnen Sektorziele würden abgeschafft. Der Haken allerdings: Weil es vor allem in der Fraktion der Grünen großen Widerstand gegen diese Reform gibt, hat es das neue Gesetz noch immer nicht durch den Bundestag geschafft.  

In der FDP macht sich daher langsam Panik breit. Am Donnerstag hatte Wissing in einem Brief an die Ampel-Fraktionsspitzen vor schwerwiegenden Konsequenzen gewarnt, falls er bis Juli einen Sofortplan vorlegen müsste, sogar von Fahrverboten für die Deutschen an Samstagen und Sonntagen war die Rede. Anders seien die Klimaziele sonst nicht mehr zu erreichen, argumentiert der Verkehrsminister. Daher müsse die Reform des Klimaschutzgesetzes nun endlich verabschiedet werden. 

Ärger über „Schmierentheater“

Experten und viele Klimapolitiker sehen das anders. Die FDP veranstalte ein „Schmierentheater“, sagte der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Andreas Jung der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“. „Volker Wissing schürt Verunsicherung, um davon abzulenken, dass er seine Hausaufgaben beim Klimaschutz nicht macht.“ Das Klimaschutzgesetz verpflichte keineswegs zu Fahrverboten, „wohl aber zu Generationengerechtigkeit beim Klimaschutz“. 

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„Die Lücke kann geschlossen werden, auch mit anderen Maßnahmen“, sagte der Mobilitätsexperte Thorsten Koska vom Wuppertal Institut am Wochenende dem Radiosender WDR 5. „Vor allem mit vielen kleinen Maßnahmen, die gut aufeinander abgestimmt sind, und nicht mit so einer Holzhammer-Maßnahme.“ Als Beispiel nannte Koska etwa die Einführung eines Tempolimits oder eine Reform der Kfz-Steuer, die den Kauf eines kleineren Fahrzeugs oder eines Elektroautos begünstigen. „Einige dieser Maßnahmen kosten Geld, aber manche sind auch kostenlos zu haben.“ 

„Fahrverbote lehnen wir ab“, sagte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) der „Bild“-Zeitung vom Montag. Er äußerte weiter die Erwartung, dass sich die Ampel-Koalition in dieser Woche nach langem Streit über die Reform des Klimaschutzgesetzes verständigen werde. Man arbeite hier „Hand in Hand an guten Lösungen“. Dabei gehe es auch darum, Strafzahlungen an die EU wegen Verstößen gegen Klimavorgaben zu vermeiden: Denn dort gelten die Sektorziele weiterhin. Und ein Verfehlen der Ziele im Verkehrssektor könnte Milliarden kosten.

mit Agenturmaterial

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