Politik

Grundgesetzänderung gefordert FDP: Im Verteidigungsfall bricht Chaos in Deutschland aus

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Der Bundeswehr fehlt Personal. Rekrutinnen und Rekruten bei einer feierlichen Vereidigung in Nürnberg.

Der Bundeswehr fehlt Personal. Rekrutinnen und Rekruten bei einer feierlichen Vereidigung in Nürnberg.

(Foto: picture alliance / Panama Pictures)

Angesichts des Ukraine-Krieges muss die Wehrpflicht in Deutschland reformiert werden. Das Verteidigungsministerium möchte zunächst die Erfassung Wehrpflichtiger sicherstellen. Die FDP fordert jedoch eine Grundgesetzänderung für die Wehrpflicht und prognostiziert ein Chaos im Verteidigungsfall.

Die für den Spannungsfall weiter existierende Wehrpflicht könnte nach Ansicht der Liberalen in der Praxis gar nicht umgesetzt werden. "Im Verteidigungsfall würde bei uns das Chaos ausbrechen, weil die alten Kreiswehrersatzämter gar keine Daten der Wehrpflichtigen mehr haben", sagte Alexander Müller, der verteidigungspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, dem "Tagesspiegel". Außerdem sehen die Freien Demokraten ein großes rechtliches Problem in puncto Geschlechtergerechtigkeit. "Wir müssen dringend Artikel 12a des Grundgesetzes ändern", so Müller weiter, "sonst könnten Männer klagen oder sich auf Basis des neuen Selbstbestimmungsgesetzes als divers erklären lassen, um sich dem Kriegsdienst zu entziehen."

Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium Nils Hilmer sagte der Zeitung, dass sein Haus bereits Gegenmaßnahmen bei der Bundeswehrverwaltung eingeleitet hat. "Im Rahmen der Reorganisation der Bundeswehr haben wir hierzu bereits wichtige Weichenstellungen vorgenommen", auch die Strukturen in der Verwaltung müssten "konsequent auf Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet werden".

Die für den Spannungs- und Verteidigungsfall nach wie vor existierende Wehrpflicht führe in der "gegenwärtigen sicherheitspolitischen Lage" dazu, so Hilmer weiter, "dass wir die Erfassung der Wehrpflichtigen sicherstellen müssen". Dies sei "bei der Aussetzung der Wehrpflicht leider auch weitgehend heruntergefahren" worden.

Mit dem bisherigen System sei es auf Dauer kaum möglich, den steigenden Personalbedarf in der Bundeswehr zu decken, erklärt der Staatssekretär weiter. Verteidigungsminister Boris Pistorius werde noch vor der Sommerpause einen Vorschlag unterbreiten, wie die Bundeswehr zu mehr Wehrdienstleistenden kommen kann. Dafür wollen Hilmer und Generalinspekteur Carsten Breuer ihrem Chef Pistorius "verschiedene Optionen" vorlegen.

FDP fordert Musterung hunderttausender Reservisten

Als Maßnahme zur Stärkung der Streitkräfte bringt FDP-Fraktionschef Dürr zudem die Musterung der rund 900.000 Bundeswehr-Reservisten ins Spiel. Eine solche Musterung könnte Klarheit darüber geben, "auf welche Frauen und Männer wir zurückgreifen könnten", sagte Dürr in Berlin. Überlegungen zur Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht erteilte der FDP-Politiker hingegen eine Absage.

Die Reservisten seien Menschen, "die dankenswerterweise bereit sind, als Reserve Teil der Streitkräfte zu sein", sagte Dürr. Sie hätten dazu eine freiwillige Entscheidung getroffen. Angesichts der nötigen Stärkung der Bundeswehr verdiene die Reserve "allein wegen der schieren Anzahl der Menschen mehr Beachtung durch die Politik", sagte er weiter.

Die FDP sei auch offen für Maßnahmen, die Reserve attraktiver zu machen - etwa durch eine bessere Vereinbarkeit von Arbeitsleben und Reserve. Arbeitgeber müssten erkennen, dass es für sie auch einen "Mehrwert" habe, "Mitarbeiter in der Reserve zu haben", sagte Dürr. Viele Reservisten hätten bei der Bundeswehr wichtige Fähigkeiten erworben.

Reservisten der Bundeswehr sind frühere Soldaten. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums leistet die Reserve Beiträge zur Landes- und Bündnisverteidigung, zum Heimatschutz sowie zur Unterstützung alliierter oder befreundeter Streitkräfte in Deutschland. Reservisten würden dabei je nach Ausbildung und zeitlicher Verfügbarkeit eingesetzt.

Quelle: ntv.de, gut/AFP

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