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Türkischer Langzeitpräsident Erdoğan attackiert Netanyahu und wirft Westen Doppelmoral vor

Als »Terrorstaat« hat Recep Tayyip Erdoğan Israel schon bezeichnet. Nun wirft der türkische Präsident Benjamin Netanyahu vor, er forciere eine Ausweitung des Nahostkonflikts. Der Grund: Israels Premier bange um sein politisches Überleben.
Recep Tayyip Erdoğan

Recep Tayyip Erdoğan

Foto: Pavel Golovkin / dpa

Die beiden werden keine Freunde mehr: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat Benjamin Netanyahu vorgeworfen, eine Ausweitung des Nahostkonflikts auf die ganze Region zu provozieren. Die israelische Regierung unternehme seit dem 7. Oktober – dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel – provokative Schritte, um einen regionalen Konflikt zu befeuern, sagte Erdoğan am Dienstagabend nach einer Kabinettssitzung. Der mutmaßliche Angriff Israels auf das iranische Botschaftsgelände in Syrien sei der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht habe, so Erdoğan.

Netanyahu gefährde seine eigenen Landsleute und die Menschen in der gesamten Region, um sein politisches Überleben zu sichern, sagte Erdoğan weiter. Der türkische Präsident warf dem Westen zudem Doppelmoral vor und kritisierte, dass nur wenige Länder den Angriff auf das iranische Botschaftsgelände verurteilt hätten, der Angriff Irans auf Israel dagegen habe international umgehend für Empörung gesorgt.

Iran hatte Israel in der Nacht zu Sonntag mit Drohnen und Raketen angegriffen, die aber fast vollständig abgefangen wurden. Noch ist unklar, wie Israel auf den beispiellosen Luftangriff reagiert. Irans Angriff war nach Darstellung Teherans eine Reaktion auf einen mutmaßlich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus, bei dem zwei Generäle der einflussreichen Revolutionswächter getötet wurden.

Bilaterale wirtschaftliche Beziehungen desolat

Der türkische Außenminister Hakan Fidan hatte nach dem iranischen Angriff am Sonntag in Teheran angerufen – und von Israel Zurückhaltung gefordert. Fidan habe im Gespräch mit Außenminister Hossein Amirabdollahian deutlich gemacht, dass die Türkei keine weitere Eskalation in der Region wolle.

Die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei haben sich zuletzt im Zuge des Gazakrieges wieder verschlechtert. Vergangene Woche Dienstag hatte die Türkei etwa Handelsbeschränkungen gegen Israel erlassen, und Israel beschuldigt, für ein »Massaker an den Palästinensern« verantwortlich zu sein. Israel stand noch im vergangenen Jahr an zwölfter Stelle der wichtigsten Handelspartner im Außenhandel der Türkei. Auch zu Iran unterhält die Türkei gute Handelsbeziehungen. An einer weiteren Eskalation in der Region hat Ankara auch schon aus wirtschaftlichen Gründen kein Interesse.

dop/dpa