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Forderung nach Waffenstillstand in Gaza Israelische Künstlerin will Pavillon bei der Biennale nicht öffnen

Im Vorfeld gab es Protest, jetzt bleibt der israelische Pavillon bei der Biennale in Venedig wohl vorerst zu. Die in Tel Aviv lebende Künstlerin Ruth Patir, die dort ausstellt, hat das so entschieden. Aus politischen Gründen.
Künstlerin Patir

Künstlerin Patir

Foto:

Goni Riskin

Die Künstlerin Ruth Patir und die Kuratorinnen des israelischen Pavillons bei der Biennale in Venedig haben angekündigt, ihre Ausstellung erst zu eröffnen, sobald Israel und die Hamas »eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln« erreicht haben. Das teilte Patir, die 1984 in New York zur Welt kam und Israel bei der 60. Ausgabe der internationalen Kunstausstellung in Venedig vertritt, in einer Pressemitteilung mit.

Das Statement hing auch an einer Tür des geschlossenen Pavillons, wie die »New York Times« berichtete . Durch die Glasfenster sei Patirs Videoarbeit »Keening« von außen sichtbar, während im Inneren die gesamte Ausstellung »(M)otherland« auf den Augenblick warte, »in dem die Herzen wieder offen sein können für Kunst«, hieß es weiter in der Pressemitteilung. Demnach sei dies kein Versuch der Künstlerin und der Kuratorinnen Mira Lapidot und Tamar Margalit, »sich selbst oder die Ausstellung zu canceln«, sondern ein Akt der Solidarität mit den Familien der Geiseln und »der großen Gemeinschaft in Israel, die einen Wandel fordert«.

»Die Kunst kann warten«

Patirs derzeit verschlossenes Projekt »(M)otherland« handelt laut der Künstlerin davon, was es heißt, im Israel des Jahres 2023 eine Frau zu sein – und befasst sich, wie sie nun mitteilte, mit der Verletzlichkeit des Lebens. Dementsprechend falle es ihr schwer, so etwas »in einer Zeit der unergründlichen Missachtung dieses Lebens« zu präsentieren, so Patir in der Pressemitteilung. Einen »Kulturboykott« allerdings lehne sie entschieden ab.

Lapidot und Margalit teilten mit, dass die Ausstellung aufgebaut sei und dass der Pavillon darauf warte, eröffnet zu werden. »Die Kunst kann warten, aber die Frauen, Kinder und Menschen, die durch die Hölle gehen, können nicht warten.« Die israelische Regierung, die etwa die Hälfte der Kosten des Pavillons trägt, sei nicht im Voraus über den Protest informiert worden, sagte Margalit der »New York Times«.

Kuratorin Lapidot, Künstlerin Patir, Kuratorin Margalit

Kuratorin Lapidot, Künstlerin Patir, Kuratorin Margalit

Foto: Ella Barak

Die diesjährige Biennale öffnet am Samstag für das Publikum, am Dienstag sollten Medienvertreterinnen und Medienvertreter bereits Einblick in die Pavillons erhalten. Mehr als 80 Nationen stellen in den Pavillons aus. Dass Patir Israel vertrete, wurde bereits im September vergangenen Jahres bekannt, vor dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober.

Ende Februar dieses Jahres verfasste eine Initiative namens »Art Not Genocide Alliance« einen offenen Brief , in dem es unter anderem hieß, dass jedes Kunstwerk, das den Staat Israel repräsentiere, »eine Unterstützung seiner völkermörderischen Politik« sei. Einer der Slogans im Brief damals lautete: »Kein Mord in Venedig«.

Am 18. März kündigte die antiisraelische Initiative an, dass Kulturarbeiter die Anwesenheit solcher Delegationen, Institutionen oder Personen ablehnen sollten, die »in irgendeiner Weise mit der israelischen Regierung verbunden sind«. Die Pavillons der anderen Nationen sollten Israel von eigenen Veranstaltungen ausschließen. Alle Künstler sollten die Kampagne der Gruppe unterstützen.

Die Biennale ist nicht die einzige Kulturveranstaltung, die in diesem Jahr vom Krieg in Gaza geprägt ist. Es gab zuletzt verschiedene Gesten des Protests auf der Berlinale, bei den Oscars und den Grammys – und einen Aufruf, Israel vom Eurovision Song Contest auszuschließen.

skr/dpa