Politik

US-Ukraine-Hilfen vor Abstimmung Johnson riskiert den Sturz in sein eigenes Schwert

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Unter Beobachtung: Mike Johnson (l.).

Unter Beobachtung: Mike Johnson (l.).

(Foto: AP)

Nun also doch: Nach monatelangem, theatralischem Gerangel wird das US-Repräsentantenhaus über neue Ukraine-Hilfen abstimmen. Der verantwortliche Republikaner Johnson setzt dafür seinen Job aufs Spiel.

Was im Hintergrund in Sachen neuer Ukraine-Hilfen vor sich geht, ist nicht eindeutig. Trotzdem könnten die Armeeführung in Kiew und die Soldaten in den Schützengräben am Wochenende gemeinsam ein wenig aufatmen. Am Mittwochmorgen informierte der Sprecher des US-Repräsentantenhauses die Abgeordneten per SMS über seine Absicht, neue militärische Unterstützung für den ukrainischen Verteidigungskrieg gegen Russland zur Abstimmung zu stellen. Dazu kommen weitere Gesetzesprojekte für Auslandshilfen sowie über Maßnahmen an der Grenze zu Mexiko.

Bereits seit Monaten hatte Johnson gesagt, er wolle neue Militärhilfen für die Ukraine verabschieden lassen. Die parteiübergreifende Mehrheit war jederzeit vorhanden. Im Senat gab es auch keine Hindernisse. Doch Johnson hatte die entsprechende Abstimmung nie angesetzt; auch auf den Druck des designierten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump hin. Die Gesetzentwürfe sind am Mittwoch den Abgeordneten übermittelt worden. Ihnen werden üblicherweise 72 Stunden bis zu einer Abstimmung eingeräumt, um Gesetzestexte zu prüfen.

Die Mehrheiten für die Hilfen sind nahezu sicher. Johnson hatte sich zuvor öffentlichkeitswirksam in Florida die Unterstützung von Ex-Präsident Trump geholt. Der sagte Ende vergangener Woche, der Sprecher mache "sehr gute Arbeit" unter schwierigen Umständen. Trump hatte zudem eine Nachricht an seinen Parteiflügel, die MAGA-Republikaner in der Kongresskammer: "Ich bin sicher, dass Marjorie (Taylor Greene) das versteht, sie ist eine sehr gute Freundin von mir. Und ich weiß, dass sie großen Respekt (vor Johnson) hat", sagte er. Es war ein verbaler Schuss vor den Bug. Was zu Trumps Meinungsumschwung geführt hat, ist unklar.

Enormer Einfluss

Die republikanische Abgeordnete Marjorie Taylor Greene hatte gedroht, ein Misstrauensvotum gegen Johnson anzusetzen, falls er die Ukraine-Hilfen zur Abstimmung stellt. Dessen Vorgänger Kevin McCarthy war auf diese Weise bereits aus dem Amt gejagt worden, weil er mit den Demokraten zusammengearbeitet hatte. Inzwischen hat McCarthy sogar der Politik abgeschworen. Nach Trumps unterstützenden Worten für den Sprecher relativierte Greene ihre Drohung etwas, ließ sie jedoch im Raum stehen.

Wegen der äußerst knappen Mehrheit der Republikaner im Repräsentantenhaus haben wenige Abweichler wie Greene enormen Einfluss. Es wären am Ende die Demokraten, die über Wohl und Wehe Johnsons entscheiden. Stimmen sie mit den MAGA-Republikanern gegen den Sprecher, wäre dieser erledigt. Er hätte sich für die Ukraine-Hilfen "in sein eigenes Schwert gestürzt", wie es Politologe Geoffrey Kabaservice sagte. Doch Johnson könnte von den Demokraten auch gerettet werden.

Johnson setzt seinen Job aufs Spiel, hat den Schritt aber offensichtlich lange vorbereitet: Der Sprecher rückt auf breiter Front mit fünf Gesetzesprojekten zugleich vor. Für die Ukraine sind 60 Milliarden US-Dollar vorgesehen, für Israel und humanitäre Hilfe im Gazastreifen 26 Milliarden US-Dollar, auch Taiwan soll in seiner Verteidigungsfähigkeit gegen China unterstützt werden. Ein viertes Gesetz enthält weitere außenpolitische Maßnahmen gegen Russland, China und den Iran; darunter sind ein Tiktok-Verbot, die Verwendung beschlagnahmten russischen Vermögens für die Militärhilfen sowie Sanktionen. Das fünfte soll die Grenze zu Mexiko gegen illegale Übertritte absichern.

"Sofort in Kraft setzen"

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US-Präsident Joe Biden begrüßte Johnsons Schritt nach vorn: "Das Repräsentantenhaus muss das Paket diese Woche verabschieden und der Senat sollte schnell folgen", erklärte er. "Ich werde dies sofort in Kraft setzen, um eine Botschaft an die Welt zu senden: Wir stehen an der Seite unserer Freunde und werden nicht zulassen, dass Iran oder Russland Erfolg haben."

Mit den Abstimmungen wird auch die bislang erfolgreiche Blockade der MAGA-Republikaner überwunden, die Trump angeordnet hatte. Ob Johnson in Zukunft weitere ansetzen darf, darüber müssen womöglich die Demokraten entscheiden.

Quelle: ntv.de

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