Künstliche Intelligenz KI wird immer teurer: Fast 200 Millionen Dollar für ein Modell

ChatGPT-Download auf dem Handy: Die KI-Modelle werden immer größer, mächtiger - und teurer. Quelle: dpa

Eine große Studie bilanziert den Stand bei künstlicher Intelligenz: KI wird immer mächtiger, aber auch teurer. Und Deutschland hat eine Stärke – weiß sie aber wenig zu nutzen.

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In den vergangenen Tagen gab es drei spannende Schlagzeilen: OpenAI stellt aufgemotzte Version seines Sprachmodells GPT-4 vor. Chiphersteller Intel stellt einen KI-Chip in Konkurrenz mit Nvidia vor. Das Start-up Humane startet den Verkauf eines KI-Ansteckpins.

Seit OpenAI Ende 2022 seinen Sprachbot ChatGPT veröffentlicht hat, steht der Tech-Sektor Kopf. Es ist nicht leicht, den Überblick zu behalten bei der Flut echter und scheinbarer Durchbrüche bei künstlicher Intelligenz. Dabei dürfte der Megatrend KI jeden betreffen, ob Arbeitnehmer, Manager, Student oder Forscher.

Da hilft es, einmal durchzuatmen und die langfristige Entwicklung in den Blick zu nehmen. Kaum ein Dokument hilft dabei besser als der AI Index Report der Universität Stanford. Die Studie, die der WirtschaftsWoche vorab vorliegt, sammelt Unmengen an Daten über die Forschung an künstlicher Intelligenz, über Investitionen und den Markt.

Einmal im Jahr ziehen die Studienautoren Bilanz: Wie mächtig ist KI wirklich in letzter Zeit geworden, welche Unternehmen, welche Länder führen technologisch, wie viel Geld ist in die Technik geflossen? Hier die wichtigsten Erkenntnisse der Stanford-Forscher:

Intelligenz: KI erreicht menschliche Fähigkeiten - aber nicht überall

Sie heißen Claude, Mistral, Gemini, GPT-4 – und für viele Menschen sind sie schon so etwas wie Denkpartner, Sekretäre und Ghostwriter: Große Sprachmodelle sind die derzeit angesagtesten KI-Modelle. Sie sagen, vereinfacht gesagt, nur das nächste Wort in einem Satz voraus – sind aber mit so vielen Daten trainiert worden, dass sie damit erstaunliche sprachliche Leistungen hervorbringen.

OpenAI-Mitgründer Elon Musk machte kürzlich schon eine dramatische Vorhersage: Schon in in zwei Jahren werde KI intelligenter als der intelligenteste Mensch sein. OpenAI-Gründer Sam Altman und einige seiner Konkurrenten sprechen ganz offen davon, künstliche allgemeine Intelligenz entwickeln zu wollen – bleiben bei der Definition dieses Modebegriffs allerdings oft schwammig.

Wie weit hat sich KI nun im vergangenen Jahr wirklich entwickelt? Die Autoren des AI Index heben erst einmal die grundlegenden Fortschritte vor, die große Sprachmodelle ermöglicht haben. Vor einer Dekade seien die besten KI-Systeme in der Welt den Menschen bei Feldern wie Objekterkennung, Sprachverständnis oder Matheaufgaben noch unterlegen gewesen. „Heute übertreffen sie Menschen routinemäßig“, heißt es in der Studie.

Gemessen an sogenannten Benchmarks, standardisierten Leistungstests, habe KI im vergangenen Jahr einige Fortschritte gemacht. Googles KI-System Gemini war das erste, das bei einem Test namens MMLU so gut abschnitt wie Menschen. Die Prüfung besteht aus 57 verschiedenen Bereichen von Mathe über Physik bis zu Geschichte und Medizin.

KI-Modelle seien deutlich besser darin, multimodale Eingaben zu verarbeiten, also etwa Texte mit Bildern, sagen die Studienautoren. „Sie können flüssigen Text in Dutzenden von Sprachen erstellen, Audio verarbeiten und sogar Memes erklären.“ Auch hier heben die Autoren Gemini und GPT-4 hervor. So soll Gemini anhand der Foto von Zutaten auf einem Küchentisch eine individuelle Kochanleitung für ein Omelett erzeugen können.

Allerdings: In einigen Bereichen ist KI laut der Studie Menschen noch unterlegen – etwa in höherer Mathematik, Planungsaufgaben oder logischen Verständnisaufgaben anhand von Fotos. „Die derzeitige KI-Technologie hat noch erhebliche Probleme. Sie kann nicht zuverlässig mit Fakten umgehen, komplexe Überlegungen anstellen oder ihre Schlussfolgerungen erklären“, schreiben die Autoren. Das allerdings wären Dinge, die eine künstliche allgemeine Intelligenz beherrschen müsste.     

Geld: Massiv mehr Investitionen, KI wird immer teurer

Je besser die neuen KI-Modelle werden, desto teuer werden sie auch: Die Kosten für das Cloud-Computing, um OpenAIs Modell GPT-4 zu berechnen, taxieren die Stanford-Autoren auf 78 Millionen Dollar. Das jüngere Modell Gemini von Google soll sogar 191 Millionen Dollar gekostet haben. Zum Vergleich: Das ältere Modelle GPT-3 aus dem Jahr 2020 soll noch nur 4,3 Millionen Dollar teuer gewesen sein.

Kein Wunder, dass auch die Investitionen massiv gestiegen sind in die sogenannte Generative KI, wie die neue Welle an Textrobotern und Bilderzeugungs-Werkzeugen genannt wird. 25,2 Milliarden Dollar flossen im vergangenen Jahr in den Bereich – fast acht mal so viel wie im Jahr zuvor. Allein Amazon investierte vier Milliarden Dollar in das KI-Start-up Anthropic. Die Firma Inflation AI sammelte 1,3 Milliarden Dollar ein, ist nun aber inzwischen mehr oder weniger von Microsoft übernommen worden.

Die Zahl neu finanzierter KI-Unternehmen stiegt um rund 40 Prozent auf 1812. Führend dabei mit Abstand die USA: 897 KI-Start-ups sind hier im Jahr 2023 entstanden - weit dahinter China (122), Großbritannien (104) und Deutschland (76).

In den Vorständen der etablierten Wirtschaft kommt die Technik immer mehr an. So erwähnten Analysen zufolge 394 der Fortune-500-Unternehmen den Begriff Künstliche Intelligenz im vergangenen Jahr in ihren Finanz-Telefonkonferenzen, im Jahr 2022 waren es nur 266 Unternehmen. 

Am meisten setzen Unternehmen KI ein, um Call-Center zu automatisieren, Marketing zu personalisieren, neue Kunden zu gewinnen und Produkte mit KI zu verbessern oder neue KI-basierte Produkte zu entwickeln. Laut einer Studie von McKinsey berichten 42 Prozent der Unternehmen, die KI einsetzen, dass sie damit Kosten gesenkt haben, 59 Prozent berichten von höheren Umsätzen dank KI.  

Macht: Konzerne führen, OpenSource holt auf

Wem gehört die beste KI – und wie stark konzentriert sich die damit verbundene Macht? Auf der einen Seite hat die Vielfalt in der KI-Entwicklung massiv zugenommen: Auf der Plattform Github, auf der Entwickler ihre Codes offen miteinander teilen, waren im Jahr 2011 nur 845 KI-Projekte gespeichert – im Jahr 2023 waren es rund 1,8 Millionen. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl um knapp 60 Prozent. 

Auch bei den großen Grundlagen-KI-Modellen, den Foundation-Modellen, nimmt OpenSource zu: von den 149 neuen Modellen, die vergangenes Jahr vorgestellt worden sind, waren 65,7 Prozent frei zugänglich, im Jahr 2022 waren es noch rund 44 Prozent, im Jahr 2021 etwa 33 Prozent. Allerdings schreiben die Stanford-Autoren: Die KI-Modelle mit der besten Performance sind nicht frei zugänglich und kommen aus der Industrie. 

51 der bemerkenswertesten neuen Machine-Learning-Modelle aus dem Jahr 2023 stammten von Konzernen, nur 15 aus akademischen Einrichtungen. Auch der Patentschutz rund um KI hat sich massiv ausgeweitet: Seit dem Jahr 2010 ist die Zahl der jährlich neu ausgestellten KI-Patente um den Faktor 31 gewachsen.

Regionen: Die USA führen – und Europa?

Google, Microsoft, Meta, Amazon: Die großen KI-Entwickler und die größten Cloud-Anbieter mit riesigen Rechenzentren stammen aus den USA. Obendrein entstehen hier die meisten neuen KI-Start-ups. Kein Wunder, dass die USA in den meisten Metriken führen, wenn es um die regionale Vormacht bei KI geht

Im Jahr 2023 investieren Unternehmen in den USA sagenhafte 67,2 Milliarden Dollar in künstliche Intelligenz. Das ist 8,7 mal mehr als China, der zweitplatzierte. Und währen in China und den USA die Investitionen gegenüber dem Jahr 2022 sanken, stiegen sie in den USA um 22 Prozent.

Entsprechend kommen auch die meisten führenden KI-Modelle aus den USA. Im Jahr 2023 waren es 61 Modelle, während in Europa nur 21 neue Modelle erschienen sind und in China 15. Innerhalb Europas liegt Frankreich mit acht Modellen (etwa vom Start-up Mistral) vor Deutschland (5), wo das Start-up AlephAlpha sich besonders hervortut. 

China dagegen führt bei KI-Patenten: Im Jahr 2022 wurden 61 Prozent der weltweiten KI-Patente dort angemeldet, während es in den USA 21 Prozent waren. Im Jahr 2010 hatten die USA noch einen Anteil von 54 Prozent an neuen Patenten. Denkbar ist, dass viele Konzerne ihre Technik nicht patentieren, um keine Geheimnisse zu verraten.

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Und Deutschland? Immerhin machen hierzulande neben Großbritannien die meisten Informatik-Studenten in Europa ihren Abschluss. Auch in einem Index, der die Dichte an KI-Talenten im Land abbilden soll, ist Deutschland weit vorne auf Platz drei nach Indien und den USA. Das Know-how ist also da – nur profitiert es nicht von so hohen Investitionen, zahlungsfreudigen Tech-Konzernen und einem guten Gründungsklima wie in den USA.

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