Russische Raketen schlagen im Zentrum der ukrainischen Großstadt Tschernihiw ein – 18 Menschen werden getötet, 78 weitere verletzt. Der Anschlag am Mittwoch ist einer der verheerendsten der vergangenen Wochen. Aber längst nicht der einzige.
Olha Pikuza, Einwohnerin aus Tschernihiw:
»Alles wurde rausgerissen, auch die Fenster.«
Nach dem schweren Angriff laufen nun die ersten Aufräumarbeiten.
Iryna, Einwohnerin aus Tschernihiw:
»Ich habe noch nicht ganz begriffen, was passiert ist. Das Wichtigste ist, dass mein Kind zu der Zeit im Keller der Schule war - sie haben es geschafft, rechtzeitig in den Schutzraum zu gehen. Ich habe mir große Sorgen darüber gemacht, ob sie es rechtzeitig in den Schutzraum schaffen, denn es hieß, dass noch mehr Raketen eintreffen würden.«
Etwa 800 Kilometer entfernt im Südosten des Landes, in der Nacht zu Donnerstag: Auch hier in Selydowe, kurz vor Donezk, stirbt eine Frau durch russischen Beschuss. Putins Truppen treffen momentan wieder vermehrt zivile Ziele. Die ukrainische Flugabwehr kommt dabei zunehmend an ihre Grenzen. Der Grund: Munitions- und Ausrüstungsengpässe. Seit Monaten drängt Präsident Selenskyj darauf, dass die westlichen Verbündeten seinem Land mehr Verteidigungssysteme liefert.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine:
»Noch haben wir eine Reserve an Flugabwehrraketen, aber wir müssen auch an morgen denken. Die Intensität der Angriffe könnte gleichbleiben, und dann hätten wir nicht mehr genug. Wenn sie uns weiterhin jeden Tag so beschießen, wie sie es im letzten Monat getan haben, könnten uns die Raketen ausgehen.«
Unter anderem fordert die Ukraine mehrere solcher Patriot-Systeme. Vor wenigen Tagen sagte die Bundesregierung Selenskyj ein weiteres zu – das dritte aus Bundeswehrbestand. Deutschland hofft, so auch andere westliche Verbündete zur Abgabe weiterer Systeme zu animieren.
Olaf Scholz, Bundeskanzler:
»Es ist so, dass die Nato sehr klargemacht hat, dass von den Systemen, die in den Nato-Staaten vorhanden sind, mehrere durchaus vertreten könnten, so wie wir eine Entscheidung zu treffen, dass sie ein weiteres System abgeben.«
Denn es braucht wohl deutlich mehr.
Wolodymyr Selenskyj, Präsident Ukraine:
»Ich werde Ihnen nicht sagen, wie viele Patriot-Systeme wir derzeit haben. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir, um die gesamte Ukraine in Zukunft abzudecken, 25 Patriot-Systeme mit sechs bis acht Batterien pro System benötigen würden.«
Unterdessen überführte die niederländische Armee drei F-16-Kampfflugzeuge nach Rumänien. Dort werden ukrainische Piloten auf den Maschinen ausgebildet. Sie wollen einsatzbereit sein, sobald die von Dänemark und den Niederlanden zugesicherten 24 Maschinen geliefert werden.
Kasja Ollongren, Niederländische Verteidigungsministerin:
»Wir haben mit unseren Partnerländern Dänemark und Norwegen einen Zeitplan für die Lieferung der Flugzeuge aufgestellt und hoffen, dass wir diesen Sommer damit beginnen können.«
Für viele kommt das zu spät. Zugesagt wurden die Flugzeuge ursprünglich schon für Anfang des Jahres. Nun hatte das russische Militär lange Zeit, sich auf den Einsatz der F-16 vorzubereiten, so Militärexperten. Und auch die Kampfjets sind ohne eine entsprechende nachhaltige Lieferung von Bewaffnung keine große Hilfe.