Rechtsextreme Straftaten :
Jeder zweite Angriff aus rassistischen Motiven

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Anhänger der Kleinstpartei „Freie Sachsen" protestieren in Dresden.
Körperverletzung, Gewalttaten, Bedrohungen: Sachsen und Brandenburg melden gut 20 Prozent mehr rechtsextreme Taten. Auch bundesweit sind sie gestiegen.

Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Deutschland ist im vergangenen Jahr stark gestiegen. Wie das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Linken-Gruppe im Bundestag mitteilte, wurden 28.945 Delikte im diesem Bereich gezählt. Im Jahr davor waren es noch 23.493 gewesen. Die Zahlen wurden vom Bundeskriminalamt in der Statistik für politisch motivierte Kriminalität erfasst. Diese wird im Mai offiziell vorgestellt.

Die vom Ministerium vorab mitgeteilten Zahlen, die der F.A.Z. vorliegen, zeigen, dass auch die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten – in Abgrenzung etwa zu Propagandadelikten oder Sachbeschädigung – gestiegen ist. Im vergangenen Jahr wurden 1270 Fälle verzeichnet, hundert mehr als im Vorjahr. Die Zahl der linksextremen Gewaltdelikte lag bei 916. Schaut man sich an, wie sich diese Zahlen zusammensetzen, fällt auf, dass Linksextremisten etwa deutlich häufiger Landfriedensbruch begingen als Rechtsextreme, zweitere dagegen deutlich mehr Körperverletzungen: 1123 Fälle wurden ihnen zugerechnet, 374 Linksextremen.

In Brandenburg wurden im vergangenen Jahr 2.475 Fälle rechtsextrem motivierter Straftaten verzeichnet, wie das Innenministerium in Potsdam am Freitag mitteilte. Die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr um 21 Prozent gestiegen. Die Zahl der Gewalttaten, die von Rechtsextremisten begangen wurden, stieg in dem Bundesland sogar um dreißig Prozent an im Vergleich zum Vorjahr, auf 117.

Jeder zweite Angriff aus rassistischen Motiven

Auch in Sachsen nahm die Zahl rechtsextremistisch und rassistisch motivierter Angriffe zu. So verzeichnete das Opferberatungsprojekt „Support“ 248 solcher Angriffe im Jahr 2023. Durch sie seien 380 Personen betroffen gewesen, hieß es in Dresden bei der Vorstellung der Statistik. Das mache eine Zunahme um 21 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Im Jahr 2018, als es rassistische Ausschreitungen in Chemnitz gegeben hatte, waren die Zahlen mit 317 Angriffen besonders hoch gewesen, in den Jahren 2015 und 2016 lagen sie noch deutlich höher.

Nach einem deutlichen Rückgang während der Corona-Pandemie wird in den letzten beiden Jahren wieder ein Anstieg registriert. Knapp die Hälfte der Angriffe seien aus rassistischen Motiven verübt worden, danach folgen Angriffe auf politische Gegner und nichtrechte Jugendliche, wie etwa Punks. Das geschehe besonders in Regionen, wo Rechtsextremisten Dominanz ausüben wollten, sagte Andrea Hübler, Geschäftsführerin des Vereins RAA, der das Projekt organisiert.

Rund 60 Prozent der Angriffe waren Körperverletzungen, bei einem Drittel handelte es sich um Nötigung und Bedrohung. Die fünf Beratungsstellen in Sachsen, die zu dem Projekt gehören, führen den Anstieg auch darauf zurück, dass neonazistische Gruppierungen wie Kameradschaften oder Kleinstparteien wie der III. Weg wieder Stützpunkte aufbauten. Täter wie auch Betroffene würden insgesamt jünger. Der Anstieg sei nicht zuletzt mit Blick auf die bevorstehenden Kommunalwahlen und die Landtagswahl besorgniserregend, weil in Wahlkampfzeiten politische Gegner besonders ins Visier der extremen Rechten geraten würden. Schwerpunkte der Gewalttaten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl waren neben den Großstädten Leipzig, Chemnitz und Dresden die Landkreise Zwickau, Bautzen und Görlitz.