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Cum-Ex-Chefermittlerin Brorhilker: „Scholz-Jägerin“ wirft das Handtuch - das bringt grünen NRW-Minister in Bedrängnis
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Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker im Januar 2020 im Landgericht Bonn.
Oliver Berg/dpa Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker im Januar 2020 im Landgericht Bonn.
  • FOCUS-online-Reporter

Die Cum-Ex-Chefermittlerin Anne Brorhilker hat gekündigt - und übt Kritik an der Aufarbeitung des Steuerskandals. Ihr Weggang wirft jetzt unangenehme Fragen auf - auch an den grünen NRW-Justizminister Benjamin Limbach.

Ein „Erdbeben“ erschütterte das Kölner Justizzentrum am Montag. So zumindest gab ein Insider gegenüber FOCUS online die Stimmung wieder, als die wohl bekannteste Strafverfolgerin des Landes in Mails an Kollegen ihren Abschied aus dem Staatsdienst verkündete. Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker geht. Die Chefin der größten Cum-Ex-Abteilung in Deutschland dankt resigniert ab und wechselt zur „Bürgerbewegung Finanzwende“, die seit Jahren versucht, die Hintergründe des größten Steuerraubs mit Cum-Ex-Aktiengeschäften aufzuklären.

Cum-Ex-Chefermittlerin wirft hin - Grünen-Minister kommt in Erklärungsnot

Über die Beweggründe wird in Medien und Landespolitik spekuliert. Durch den Abgang der hartnäckigen Anklägerin gerät erneut Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) in Erklärungsnöte. Die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Opposition, Elisabeth Müller-Witt, sieht den Grünen-Politiker in der Verantwortung:

„Wenn eine Spitzenbeamtin kündigt, steht folgerichtig die Frage im Raum, inwieweit die Landesregierung Verantwortung trägt. Justizminister Limbach hat mit seiner Personalpolitik, sowohl in der Staatsanwaltschaft als auch bei den Gerichten, bislang für eine nie gekannte Unzufriedenheit gesorgt. Nun müssen wir aufklären, wieso eine hoch qualifizierte und erfolgreiche Beamtin dem Land den Rücken kehrt.“ 

Brorhilker selbst äußerte sich in einem „WDR“-Interview. „Ich war immer mit Leib und Seele Staatsanwältin, gerade im Bereich von Wirtschaftskriminalität, aber ich bin überhaupt nicht zufrieden damit, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird“, sagte sie. „Da geht es oft um Täter mit viel Geld und guten Kontakten, und die treffen auf eine schwach aufgestellte Justiz.“

Außerdem könnten sich Beschuldigte oft aus Verfahren schlicht herauskaufen, wenn etwa Verfahren gegen Geldbuße eingestellt würden. „Dann haben wir den Befund: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen“, so Brorhilker.

Brorhilker: Zoff mit dem grünen NRW-Justizminister

Frustriert wechselt da jemand die Seiten, der als unnachgiebiger Charakter galt, der sogar im vergangenen Jahr dem NRW-Justizminister eine schwere Schlappe zufügte. Limbach wollte ihre Abteilung mit gut 30 Staatsanwälten teilen, um die 120 Strafverfahren mit 1700 Beschuldigten und 40 Banken zu beschleunigen.

Überdies warf Limbach der Cum-Ex-Chefermittlerin öffentlich vor, die Herausgabe riesiger Aktenkonvolute zu Hamburger Fällen an den dortigen parlamentarischen Untersuchungsausschuss verzögert zu haben. In den hanseatischen Cum-Ex-Skandal soll auch der damalige Erste Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz verwickelt sein.

Der Vorwurf der verspäteten Akten-Herausgabe erwies sich als Rohrkrepierer. Das Gegenteil war der Fall. NRW-Minister Limbach musste dann zurückrudern. Brorhilker blieb alleinige Hauptabteilungschefin und bekam noch weitere vier Stellen zugesprochen. 

Offenbar ein Pyrrhus-Sieg. Trotz der üppigen personellen Ausstattung fehlt es den Cum-Ex-Anklägern am Unterbau polizeilicher Ermittler und Steuerfahndern. „Die Auswertung der enormen Mengen in den verschiedenen Verfahren dauert viel zu lange“, erklärt ein Staatsanwalt, der mit den Dingen vertraut ist. „Ich glaube, die Kollegin hat gemerkt, dass sie mit ihrem Konzept gescheitert ist, jeden auf die Anklagebank zu befördern.“

Brorhilker wollte alle vor Gericht stellen - daran ist sie letztlich gescheitert

Alleine der Aufwand, die Vielzahl der ausländischen Beschuldigten etwa vom Finanzplatz London zu vernehmen oder vor Gericht zu bringen, sei nicht machbar. Anders als die hessischen Wirtschaftsermittler, die vor allem gegen die Großen in den Cum-Ex-Zirkeln „gezielte Nadelstiche setzten, wollte Brorhilker auch noch den Leuten aus den unteren Etagen den Prozess machen.

In manchen Fällen sei es dann auch klüger, die Verfahren gegen eine hohe Geldbuße einzustellen, anstatt jeden vor Gericht zu stellen. Daran sei die Cum-Ex-Chefanklägerin letztlich gescheitert, hieß es. Als Geschäftsführerin der NGO der „Bürgerbewegung Finanzwende“ will Brorhilker den Kampf gegen die Finanzkriminalität forcieren.    

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