Keinen Nachfolger gefunden : Apotheke macht nach 332 Jahren dicht

Am 17. Mai schließt die Apotheke von Ralf Mensing (65) und Ehefrau Frauke (63)

Am 17. Mai schließt die Apotheke von Ralf Mensing (65) und Ehefrau Frauke (63)

Foto: Sybill Schneider

Hamburg – Das große Sterben der kleinen Betriebe – es trifft auch immer öfter Apotheken. Dabei galten sie doch lange Zeit als lukrative Geschäfte mit wohlhabenden Inhabern. Doch das ist längst vorbei.

Auch Ralf Mensing, Inhaber der Elefanten-Apotheke in Hamburg-Ottensen zieht nun die Reißleine – 332 Jahre nach Gründung der Apotheke, die zuletzt 121 Jahre in Familienbesitz der Mensings war.

Gegen Bürokratie, steigende Kosten und Konkurrenz aus dem Internet hat Frauke Mensing kein Rezept parat

Gegen Bürokratie, steigende Kosten und Konkurrenz aus dem Internet hat Frauke Mensing kein Rezept parat

Foto: Sybill Schneider

Der 65-Jährige: „Die Apotheke rechnet sich für uns nur noch, weil wir schuldenfrei sind. Aber ein potenzieller Nachfolger kann kaum Gewinne machen, weil die Kosten derart gestiegen sind.“ Ein Jahr hatten die Mensings erfolglos nach einem Nachfolger gesucht.

Höhere Kosten, stagnierende Honorare

Woran liegt’s? An wachsender Bürokratie und zunehmendem Fachkräftemangel einerseits, das Hauptproblem seien aber die stagnierenden Honorare. Mensing: „Seit 2002 gab es nur eine einzige Anhebung. Das war 2013 um drei Prozent.“ Trotz hoher Inflation, extremer Energiepreise und steigender Löhne. Der Apotheker: „Allein in den letzten zehn Jahren legten die Kosten um 60 Prozent zu.“

Eine alte Aufnahme der „Elefanten-Apotheke“ in der Hamburger Königsstraße

Eine alte Aufnahme der „Elefanten-Apotheke“ in der Hamburger Königsstraße

Foto: Sybill Schneider

Doch damit nicht genug. Immer mehr Menschen bestellen ihre Medikamente bei Online-Apotheken – oft zu viel günstigeren Preisen. Beispiel: Eine 24-er Packung „Grippostad“ von Stada kostet in der Elefanten-Apotheke 17,99 Euro. Online gibt es das identische Produkt für nur 10 Euro.

Warum dieser Preisunterschied? Mensing: „Nur bei diesen rezeptfreien Produkten können wir Preiserhöhungen überhaupt noch durchsetzen.“ Den satten Preisaufschlag erklärt er so: „Wir machen Nachtdienst, die Medizin gibt es nur bei uns sofort. Und der Kunde bekommt noch richtige Beratung. Wir weisen etwa auf Unverträglichkeiten mit anderen Medikamenten hin.“

Doch damit ist in Kürze Schluss: Die Mensings schließen am 17. Mai. Das Ende einer langen Apotheken-Geschichte.

Duplikat der Urkunde des dänischen Königs für die Erlaubnis der Apotheke in Altona im Jahr 1692

Duplikat der Urkunde des dänischen Königs für die Erlaubnis der Apotheke in Altona im Jahr 1692

Foto: Sybill Schneider

1692 hatte Dänenkönig Christian V. durch ein sogenanntes „Privileg“ die Erlaubnis erteilt, an der Langen Straße in Hamburg eine Apotheke zu eröffnen. Gründer war Philip Peter Vertange, der einen Elefanten als Symbol für den Laden wählte. Der Familie Mensing gehört die Apotheke seit 1903. Ralf Mensing führt das Geschäft in dritter Generation, 1985 übernahm er den Betrieb vom Vater.

Und was wird dem Apotheker künftig am meisten fehlen – ohne eigenen Betrieb? Ralf Mensing: „Ich werde das Gespräch mit den Menschen vermissen.“

Bundesweit gab es Ende 2023 noch 17 571 Apotheken – 497 weniger als im Vorjahr. „Das ist der größte jährliche Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik“, so Danny Neidel, Geschäftsführer der Landesapothekerkammer.

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