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Verdacht auf russische Finanzierung AfD-Politiker Bystron soll sich über Stückelung der Geldscheine beschwert haben

Neue Indizien erhärten den Verdacht, der AfD-Politiker Petr Bystron habe Zahlungen aus Russland kassiert. Nach SPIEGEL-Informationen soll auf Tonbändern zu hören sein, wie er sich beklagt: In der Form bekomme man das Bargeld nur schwer los.
AfD-Politiker Bystron

AfD-Politiker Bystron

Foto: Matthias Balk / picture alliance / dpa

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Kurz vor Ostern erklärte die tschechische Regierung, man habe eine groß angelegte Einflussoperation Russlands aufgedeckt: Über das Portal »Voice of Europe« sei kremlfreundliche Propaganda und Desinformation verbreitet worden. Und das Netzwerk sei benutzt worden, um prorussischen Politikern Geld zukommen zu lassen. Von über 500.000 Euro ist die Rede.

Vier Wochen später lässt der Fall die AfD immer noch nicht los. Und das nicht nur, weil mehrere ihrer Spitzenfunktionäre der Plattform Interviews gegeben haben. Sondern auch, weil Petr Bystron, Nummer zwei auf der Liste zur Europawahl, verdächtigt wird, Geld bekommen zu haben.

Und zwar von jenem Mann, der die Seite nach Erkenntnissen des tschechischen Sicherheitsinformationsdienstes (BIS) operativ geleitet haben soll: Artem Martschewskyj. Der wiederum ist ein Vertrauter des prorussischen Ex-Politikers und Freundes von Wladimir Putin, Wiktor Medwedtschuk.

Damit könne er in keiner Tankstelle zahlen

Laut den Behörden geht es um 20.000 Euro. Bystron streitet das ab. Doch nach SPIEGEL-Informationen gibt es weitere Indizien, die den Verdacht erhärten.

So soll sich Bystron während einer Geldübergabe bei Martschewskyj beschwert haben. Einen Teil des Geldes (the »other numbers«) könne man in Deutschland nur schwer loswerden, da er damit an keiner Tankstelle und in keinem Geschäft zahlen könne. Das sei auf Audioaufnahmen zu hören und entsprechend in einem Auswertungspapier vermerkt, bestätigten mehrere mit dem Vorgang befasste Personen aus Nachrichtendienstkreisen dem SPIEGEL.

In europäischen Sicherheitsbehörden ist man überzeugt, dass Bystron einen Teil des Geldes in 200-Euro-Scheinen bekam. Viele Geschäfte und Tankstellen in Deutschland erlauben Barzahlungen in der Höhe aus Sicherheitsbedenken nicht.

Mit einem entsprechenden Aushang ist es ihnen erlaubt, 200-Euro-Scheine abzulehnen. 500-Euro-Scheine werden zudem seit 2019 nicht mehr ausgehändigt, sie dürfen nur noch über die Bundesbank eingewechselt werden.

Auf Anfrage des SPIEGEL schreibt Bystron lediglich: »Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie da an ›Information‹ aus Prag zugespielt bekommen, damit Sie es während des Wahlkampfes veröffentlichen.« Der Absender der Informationen sei unglaubwürdig, es handele sich »um eine von der Nato betriebene Kampagne«, um Parteien »zu diskreditieren, die sich für Frieden einsetzen und gegen die Fortsetzung des Krieges in der Ukraine kämpfen.« Dies habe der US-amerikanische Investigativjournalist »Michael Schellenberg« herausgefunden. Bystron meint offenbar Michael Shellenberger, der als Verschwörungsideologe gilt und in extrem rechten Kreisen beliebt ist.

Per Video aufgezeichnet

Über die Existenz belastender Audioaufnahmen hatten der SPIEGEL und die tschechische Tageszeitung »Deník N« Anfang April erstmals berichtet. Vergangene Woche berichtete der SPIEGEL zudem, dass Bystrons Begegnungen mit Martschewskyj im vergangenen Jahr per Video aufgezeichnet worden sein sollen.

Auf den Aufnahmen ist nach Angaben mehrerer mit dem Fall vertrauten Personen zu sehen, wie Bystron von Martschewskyj kleine Pakete erhält. In den Auswertungspapieren ist jeweils von einem »unidentifizierbaren Gegenstand« die Rede. Zusätzliche Audioaufnahmen sollen nahelegen, dass in den Paketen Geld war.

Von zwei Audioaufnahmen, auf denen offenbar Bystron zu hören ist, berichteten am Freitag die tschechische Tageszeitung »Deník N«, das ARD-Politikmagazin »Kontraste« und »Die Zeit« gemeinsam. Demnach sollen Parlamentariern in Prag, die für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständig sind, mehrere Tonaufnahmen vorgespielt worden sein. Ein tschechischer Abgeordneter, der die Mitschnitte kennt, sagte demnach: »Bystron raschelt auf der Aufnahme mit Geld und zählt es.«

Martschewskyi hatte der »Zeit« dazu mitgeteilt, in einem »kameradschaftlichen« Verhältnis zu Bystron zu stehen, man habe aber weder über Geld gesprochen, noch sei es überreicht worden. Er sprach von »unbegründeten Anschuldigungen«. Die Generalstaatsanwaltschaft München hat gegen Bystron inzwischen Vorermittlungen wegen möglicher Bestechlichkeit von Mandatsträgern aufgenommen.