1. Nachrichten
  2. Finanzen
  3. Wirtschafts-News
  4. Fünf Grafiken entlarven das Märchen von den „faulen Deutschen“

Mehr Arbeiten, mehr Leisten: Fünf Grafiken entlarven das Märchen von den „faulen Deutschen“
  • Kommentare
  • E-Mail
  • Teilen
  • Mehr
  • Twitter
  • Drucken
  • Fehler melden
    Sie haben einen Fehler gefunden?
    Bitte markieren Sie die entsprechenden Wörter im Text. Mit nur zwei Klicks melden Sie den Fehler der Redaktion.
    In der Pflanze steckt keine Gentechnik
    Aber keine Sorge: Gentechnish verändert sind die
Auch weil Frauen mehr arbeiten, arbeitet der Durchschnittsdeutsche heute länger als früher.
IMAGO/Sylvio Dittrich Auch weil Frauen mehr arbeiten, arbeitet der Durchschnittsdeutsche heute länger als früher.
  • FOCUS-online-Redakteur

Die Deutschen werden immer fauler? Stimmt nicht. Die Deutschen arbeiten in Wahrheit heute mehr und produktiver als früher. Fünf Grafiken zeigen, warum.

1. Weniger Stunden im Büro, aber mehr Ergebnisse pro Stunde

Das ist passiert: Die durchschnittliche Arbeitszeit deutscher Beschäftigter ist seit 1991 um etwa 14 Prozent gesunken, seit 1970 sogar um rund 25 Prozent. Weil Angestellte pro Stunde heute aber deutlich mehr schaffen als vor 30 Jahren, stieg ihre Produktivität seit 1991 um rund ein Viertel.

 
 
 

Das steckt dahinter: Die Produktivität deutscher Angestellter steigt aus vielen Gründen. Technik, Internet, flexibles Arbeiten. Psychologen betonen aber auch Produktivitätssteigerung durch kürzere Arbeitszeiten: Laut mehreren Studien leisten besonders Büroangestellte pro Tag höchstens drei bis vier Stunden Effizientes. Mehr schaffen sie nicht. Die übrige Arbeitszeit füllen sie mit Gesprächen, Kaffee holen und Raucherpausen. Tun sie das eine Stunde länger, steigt die Produktivität nicht. Mehr Arbeiten erzeugt also nicht automatisch mehr Wohlstand.

Womöglich verhält es sich umgekehrt: Große Unternehmen wie Panasonic (Vier-Tage-Woche) und Netflix (Arbeite-so-viel-du-willst-Modell) verkürzen Arbeitszeiten, um mehr aus Angestellten herauszuholen. Jeder, der von Freunden schon den Satz hörte „Seit ich vier Tage die Woche arbeite, leiste ich das gleiche, nur in weniger Zeit“, kennt den Effekt.

Das bedeutet es: Angestellte arbeiten heute genauso engagiert wie früher. Faule Angestellte gab es schon immer. Die Idee, die Jugend sei zu nichts zu gebrauchen ebenso. Die Daten widerlegen beide Ansichten. Wer nur auf die durchschnittliche Arbeitszeit blickt und „faule Deutsche“ ruft, macht es sich zu einfach. Auch Mehrarbeit bringt nicht unbedingt mehr Wohlstand.

2. Mehr Menschen arbeiten

Das passiert: 2021, dem letzten Jahr vor der großen Zuwanderung durch den Ukraine-Krieg, arbeiteten rund sechs Millionen Menschen mehr in Deutschland als 1991, obwohl knapp eine Million weniger Menschen zwischen 20 und 66 Jahren im Land lebten. Das heißt: Unter den Menschen im arbeitsfähigen Alter gibt es mehr, die tatsächlich arbeiten - und weniger, die gar nicht arbeiten.

 
 
 

Das steckt dahinter: Wer die Arbeitszeit Angestellter der Jahre 1970 und 2022 vergleicht, der muss gesellschaftliche Veränderungen bedenken.

1. Mehr Menschen arbeiten überhaupt: 1970 arbeiteten Menschen größtenteils in Vollzeit oder gar nicht. Heute teilen mehr Familien Haushalt und Kindererziehung auf. Dadurch arbeiten sie eher in Teilzeit. Zusammengerechnet arbeiten sie aber länger als früher: Zweimal 32 Stunden ergeben mehr als einmal 40 Stunden.

2. Anderer Renteneintritt: Das Renteneintrittsalter schwankt seit Jahrzehnten. 1970 gingen die Menschen fast zum gleichen Zeitpunkt in den Ruhestand wie heute. 1990 knapp ein Jahr früher. Zumindest im Vergleich zu 1991 steigert das die Zahl der Erwerbstätigen.

Das bedeutet es: Die durchschnittliche Arbeitszeit sinkt auch durch statistische Effekte: Nimmt jemand, der gar nicht gearbeitet hat, einen 20-Stunden-Job an, senkt er die mittlere Arbeitszeit pro Erwerbstätigen. Seine null Stunden pro Woche zählten vorher nicht in die Statistik. Seine 20 Stunden schon. Trotzdem steigert er das Bruttoinlandsprodukt, statt es zu senken. Unterm Strich packen die Deutschen heute mindestens genauso an wie früher oder mehr.

3. Der Durchschnittsbürger zwischen 20 und 66 Jahren arbeitet länger als vor 30 Jahren

Das ist passiert: Die Arbeitsstunden aller Menschen in Deutschland zusammengerechnet, gleichen sich die Ergebnisse von heute und vor 30 Jahre: 2021 und 1991 leisteten alle Erwerbstätigen hierzulande jeweils etwas mehr als 60 Milliarden Arbeitsstunden.

 
 
 

Das steckt dahinter: Weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter, aber gleiche Zahl der Gesamt-Arbeitsstunden: Der Durchschnittsbürger zwischen 20 und 66 Jahren arbeitet heute also länger als vor drei Jahrzehnten.

Das bedeutet es: Die Erzählung vom faulen Deutschland geht an der Realität vorbei. Wir erleben ein Land, dass sich trotz aller demografischen Herausforderungen reinhängt, seine Arbeitszeit zu halten.

4. Mehr Eltern arbeiten

Das ist passiert: Heute arbeiten je nach Alter der Kinder rund 10 bis 25 Prozent aller Mütter mehr als 1991. Bei den Vätern sind es 2 bis 9 Prozent. Nur bei unter einjährigen Kindern arbeiten Mütter heute etwas seltener als nach der Wiedervereinigung.

 
 
 

Das steckt dahinter: Deutschland baut Kita- und Hortangebote seit Jahrzehnten aus. Eltern nutzen die Hilfen offenbar, um mehr zu arbeiten.

Das bedeutet es: Eltern verdeutlichen, wie unsinnig der „Faules-Deutschland“-Vorwurf ist. Familien leben heute zersplitterter als vor 30 Jahren, Großeltern passen seltener auf die Kleinen auf. Mama und Papa arbeiten trotzdem häufiger. Dass sie der Staat durch Betreuungsangebote dabei unterstützt, zeigt, dass die Politik den Menschen hilft.

5. Alle Altersgruppen engagieren sich ehrenamtlich

Das ist passiert: Der Anteil aller Altersgruppen an Ehrenamtlichen entspricht in etwa ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung.

 
 
 
 

Das steckt dahinter: Alle Altersklassen engagieren sich in etwa gleich stark außerhalb des Berufs für die Gesellschaft. Rentner übernehmen etwas mehr Aufgaben als Angestellte. Eltern mit älteren Kindern (Altersklassen 40 bis 49 Jahre und 50 bis 59 Jahre) etwas mehr als Eltern mit jüngeren Kindern (30 bis 39 Jahre).

Das bedeutet es: Menschen tragen auch außerhalb ihrer Arbeitszeit etwas zur Gesellschaft bei: Sie erziehen Kinder, engagieren sich in Vereinen und halten die örtliche Feuerwehr am Leben. Diese Aufgaben organisieren sie heute anders als früher. Weil Familien zersplitterter leben, passen Großeltern seltener auf die Kleinen auf. Dafür arbeiten sie länger als 1991 und engagieren sich stärker anderweitig. Auch jüngere Menschen leisten aber ihren Beitrag - die viel kritisierte GenZ leistet ähnlich stark wie andere Generationen in diesem Alter vor ihr.

Für die Geschichte vom faulen Deutschland liefern die Statistiken keine Belege. Im Gegenteil.

Finanzen Newsletter
Informiert sein, verstehen, die richtigen Entscheidungen treffen
Hier bekommen Sie Hintergründe zu aktuellen Finanz-Nachrichten.
Jeden Freitag als Newsletter.
* Mit einem * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder
mas
Zum Thema
Energetische Sanierungen nicht zielführend? Experte schwebt andere Lösung vor

Ökonom kritisiert Politik

Energetische Sanierungen nicht zielführend? Experte schwebt andere Lösung vor

Rente mit 63: Experten fordern Ampel auf, Deutsche länger arbeiten zu lassen

SPD und Grüne blockieren

Rente mit 63: Experten fordern Ampel auf, Deutsche länger arbeiten zu lassen

Reiche zahlen prozentual weniger Steuern als ein Single mit 4000 Euro brutto

Vermögenssteuer als Lösung?

Reiche zahlen prozentual weniger Steuern als ein Single mit 4000 Euro brutto

Kommentare
Teilen Sie Ihre Meinung
Melden Sie sich an und diskutieren Sie mit.
Teilen Sie Ihre Meinung
Sie waren einige Zeit inaktiv, Ihr zuletzt gelesener Artikel wurde hier für Sie gemerkt.
Zurück zum Artikel Zur Startseite
Lesen Sie auch
Zahl der Bäckereien sinkt weiter

Unternehmen

Zahl der Bäckereien sinkt weiter

Eine gegensätzliche Liebe: Das sind die Streaming-Tipps der Woche

Eine gegensätzliche Liebe: Das sind die Streaming-Tipps der Woche