Zum Inhalt springen

Schaden in Millionenhöhe Bande von Bücherdieben gefasst – spezialisiert auf Erstausgaben russischer Autoren

Diebe sollen in europäischen Bibliotheken kostbare Ausgaben von Puschkin oder Gogol gestohlen und durch Kopien ersetzt haben. Einige wurden offenbar in Russland versteigert.
Kopie einer Puschkin-Erstausgabe in der Warschauer Universitätsbibliothek: Ideeller Schaden unschätzbar

Kopie einer Puschkin-Erstausgabe in der Warschauer Universitätsbibliothek: Ideeller Schaden unschätzbar

Foto:

Wojtek Radwanski / AFP

Internationale Ermittler haben nach Angaben von Europol eine Bande von Bücherdieben gefasst, die einen enormen finanziellen und einen unschätzbaren kulturellen Schaden angerichtet haben sollen. Neun Georgier seien festgenommen worden, teilte die europäische Polizeibehörde Europol am Donnerstag in Den Haag mit . Die Bande soll in Bibliotheken in Europa – darunter auch in Deutschland – etwa 170 sehr kostbare antike Bücher gestohlen haben.

Der finanzielle Schaden wird auf etwa 2,5 Millionen Euro beziffert. Der ideelle Schaden für die Sammlungen und das Kulturerbe der getroffenen Länder sei unschätzbar. Einige dieser Kulturschätze wurden Europol zufolge in russischen Auktionshäusern in Sankt Petersburg und Moskau versteigert. Dadurch seien sie faktisch verloren.

Rund 100 Ermittler hatten in Lettland und Georgien am Mittwoch gemeinsam zugegriffen – unterstützt von Europol und der Justizbehörde Eurojust. Sie nahmen vier Georgier fest. Die übrigen Verdächtigen waren bereits in den Tagen zuvor in Estland, Frankreich und Litauen festgenommen worden. In Georgien und Lettland wurden 27 Gebäude durchsucht und 150 Bücher sichergestellt. Deren Herkunft wird noch untersucht. Ein Buch konnte bereits an eine Bibliothek in Frankreich zurückgegeben worden.

Gefälschte Kopien entwendeter Bücher: Raffiniertes Vorgehen

Gefälschte Kopien entwendeter Bücher: Raffiniertes Vorgehen

Foto: Wojtek Radwanski / AFP

Die Bande ging nach Angaben von Europol sehr raffiniert vor und hatte es gezielt auf seltene Bücher wie Erstausgaben der russischen Autoren Alexander Puschkin und Nikolai Gogol abgesehen. In den Bibliotheken fragten die Diebe, ob sie die wertvollen Bücher sehen konnten, und gaben dabei ein wissenschaftliches Interesse vor. Dann hätten sie die Werke genau vermessen und fotografiert, bevor sie sie zurückgaben. Später kehrten die Täter zurück und wollten erneut die Bücher sehen. Doch diesmal gaben sie gefälschte Versionen zurück. Die Kopien waren Europol zufolge von ausgezeichneter Qualität. In einigen Fällen waren die Täter nach ihrem ersten Besuch in die Bibliothek eingebrochen.

Eine Meldung aus Frankreich bei Europol hatte die internationalen Ermittlungen in Gang gesetzt. »Erstausgaben von Puschkin, das sind Goldbarren«, hatte die französische Zeitung »Le Monde« im Januar einen Pariser Antiquar zitiert . Zuvor waren aus der französischen Nationalbibliothek acht Puschkin-Ausgaben und ein Buch von Mikhail Lermontow gestohlen und durch Kopien ersetzt worden.

Ebenfalls im Januar hatte die Staatsbibliothek in Berlin drei gestohlene Puschkins und zwei andere Bücher im »Missing Book Register« angemeldet. Das berichtete der »Tagesspiegel«.  Zunächst war der Diebstahl am Standort Unter den Linden unentdeckt geblieben; erst auf einen Hinweis des Landeskriminalamts auf die Diebstahlserie hatte man die Bestände überprüft. Zuerst hatte die lettische Nationalbibliothek im April 2022 einen Puschkin-Diebstahl registriert.

feb/dpa