Politik

"Eine Entscheidung Deutschlands" US-Regierung hofft auf Taurus-Kehrtwende in Berlin

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Ein Taurus-Marschflugkörper in der Detailansicht.

Ein Taurus-Marschflugkörper in der Detailansicht.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die USA liefern der Ukraine erstmals ATACMS-Marschflugkörper mit hoher Reichweite. Die Biden-Regierung hofft, mit diesem Signal der festgefahrenen Taurus-Debatte in Deutschland einen Schub zu verpassen. Am Ende sei es "eine Entscheidung Deutschlands", betont ein hochrangiger US-Beamter.

In Washington besteht nach Angaben eines US-Regierungsvertreters die Hoffnung, dass die Lieferung von ATACMS-Marschflugkörpern mit größerer Reichweite an die Ukraine Impulse für die deutsche Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern geben könnte. "Taurus - das ist eine Entscheidung Deutschlands", sagte ein ranghoher Regierungsvertreter in Washington. Mit Blick auf die US-Entscheidung für ATACMS-Lieferungen und ähnliche Entscheidungen in London und Paris "würden wir natürlich hoffen, dass dies ein Faktor sein könnte", sagte er.

Washington hatte am Mittwoch die Lieferung von Kurzstreckenraketen vom Typ ATACMS mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometern an die Ukraine bekannt gegeben. Zuvor hatten die USA nur ATACMS mit einer Reichweite von 165 Kilometern geliefert.

Wadephul kritisiert Scholz

In Deutschland könnte die US-Entscheidung erneut die Debatte um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern befeuern. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Mittwoch bekräftigt, er werde seine Entscheidung gegen eine Lieferung der Marschflugkörper mit längerer Reichweite "nicht ändern". Dazu sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, bei ntv: "Wenn man Vertrauen in die Ukraine hat und die USA hat Vertrauen und Herr Scholz behauptet es von sich selber ja auch, dann muss man jetzt Taurus liefern." Die Lieferung von ATACMS der USA sei "wirklich das letzte Zeichen, dass der Bundeskanzler umdenken muss."

Der Taurus hat eine Reichweite von mehr als 500 Kilometern. Damit könnte der Marschflugkörper russisches Staatsgebiet von der Ukraine aus erreichen und etwa dortige Waffendepots und Kommandozentralen zerstören. Der mögliche Beschuss von russischem Staatsgebiet ist ein Grund für Scholz, der Lieferung nicht zuzustimmen. Als weiteren Grund nennt Scholz die aus seiner Sicht bestehende Notwendigkeit deutscher Beteiligung bei der Zielführung der Marschflugkörper, durch die Bundeswehr-Angehörige direkt bei Einsätzen involviert wären. Befürworter von Taurus-Lieferungen weisen diese Argumente zurück.

Washington rechnet nicht mit ukrainischer Gegenoffensive

Die ukrainischen Truppen sind in den vergangenen Monaten gegenüber den russischen Streitkräften ins Hintertreffen geraten. Die russische Armee konnte in den vergangenen Wochen eine Reihe von Geländegewinnen verbuchen. Das ukrainische Militär leidet unter einem gravierenden Mangel an Waffen, Munition und Rekruten. Der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan, warnte vor "weiteren taktischen Gewinnen" Russlands in den nächsten Wochen.

Die neuen Militärhilfen würden Kiew dabei helfen werden, die Initiative auf dem Schlachtfeld zurückzugewinnen, argumentierte der hochrangige US-Regierungsvertreter. Dies werde aber "kein schneller Prozess sein", sagte er. "Ich würde also in nächster Zeit keine groß angelegte Offensive erwarten."

Die USA sind der wichtigste Unterstützer Kiews im Krieg gegen Moskau. Die Republikaner im US-Kongress hatten jedoch monatelang ein neues Hilfspaket für die Ukraine im Volumen von 61 Milliarden Dollar blockiert. Erst am Samstag konnte es im Repräsentantenhaus verabschiedet werden, am Dienstag folgte der Senat und am Mittwoch die Unterschrift von US-Präsident Joe Biden.

Quelle: ntv.de, jpe/AFP

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