Politik

"Das gleiche Problem wie Hitler" Militärökonom: Putin hat den Krieg bereits strategisch verloren

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"USA, Südkorea, Pakistan, ganz Westeuropa produzieren gegen ihn", sagt Keupp über Putin.

"USA, Südkorea, Pakistan, ganz Westeuropa produzieren gegen ihn", sagt Keupp über Putin.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian President Press Office)

Seit mehr als zwei Jahren führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Trotz Moskaus derzeitigen Fortschritten an der Front sieht Militärökonom Keupp den Kreml auf der Verliererstraße. Auf lange Sicht habe Russland gegen das Industriepotenzial des Westens keine Chance, ist er sich sicher.

Russland hat seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Auffassung des in Zürich lehrenden Militärökonomen Marcus M. Keupp bereits strategisch verloren. "Putin macht weiter, obwohl er den Krieg eigentlich im Herbst 2023 hätte abbrechen müssen", sagte Keupp der "Kölnischen Rundschau". "Spätestens dann war ersichtlich, dass die Produktions- mit der Abnutzungsrate nicht schritthalten kann."

Russland werde an einen Punkt kommen, an dem es militärisch nicht mehr leistungsfähig sei. "Die Logik der Abnutzung hängt nicht von irgendeiner Weltanschauung ab", so Keupp. "Es ist eine Frage der Logistik, wie im Zweiten Weltkrieg: Es gewinnt, wer langfristig das höhere Industriepotenzial hat und länger durchhält."

Putin habe das gleiche Problem wie Hitler. "Er muss in der kurzen Frist gewinnen. Denn auf lange Sicht hat er gegen das Industriepotential des Westens keine Chance. Das ist der Grund, warum er so massiv Systeme und Menschen verbrennt an der Front", führte Keupp weiter aus. Putin wolle eine Entscheidung, bevor "die ganze gewaltige Rüstungsindustrie in der gesamten westlichen Welt" anlaufe. "USA, Südkorea, Pakistan, ganz Westeuropa produzieren gegen ihn."

Ukraine setzt auf Abnutzung

Aufgrund der hohen Materialverluste werde die russische Kampfführung technologisch immer schlechter. "Als der Krieg 2022 losging, haben sie mechanisierte Angriffe mit Bataillonsgruppen geführt, die vielleicht je 30 Kampfpanzer plus Schützenpanzer plus Logistik hatten. Heute schicken sie die Leute vor, mit uralten T62-Panzern ohne Geschützturm und teilweise in Golfkarts", stellte der Militärexperte fest. Russlands einsatzfähige Reserve, sei bereits weg. Jetzt würden immer ältere Systeme aus den Lagern geholt. "Ich würde sagen, 2024 und 2025 kann Russland den Krieg sicher noch weiter führen. Aber es bekommt zunehmend ein Zeitproblem."

Auf der anderen Seite habe die Ukraine nicht genug Artillerie, um alle Vorstöße wirkungsvoll zu bekämpfen, stellt Keupp fest. Also gebe Kiew langsam Gelände auf und versuche, die Russen dabei ausbluten zu lassen. Sollte Russland so weitermachen, wie bisher, werde die Ukraine irgendwann mobilisieren müssen. "Vergessen wir nicht, die Ukraine hat eine aktive Reserve von einer Million Mann. Sie hat also noch sehr, sehr viel Potenzial. Im Augenblick ist es für sie aber günstiger, auf Abnutzung zu setzen."

Keupp lehrt an der Militärakademie an der ETH Zürich. Der Wissenschaftler hatte bereits im Frühjahr 2023 die Ansicht vertreten, der Krieg werde bis zum Oktober 2023 für Russland strategisch verloren sein. "Ja, ich bin nach wie vor dieser Ansicht", sagte er jetzt der "Kölnischen Rundschau". Wenn der Westen weiterhin Material nachschiebe, dann werde Russland den Krieg "nicht nur nicht gewinnen, sondern verlieren".

Quelle: ntv.de, jpe

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