FDP-Parteitag Was passiert eigentlich, wenn nichts passiert, Herr Lindner?

FDP-Chef Christian Lindner Quelle: REUTERS

Der Vorsitzende der Liberalen begründet die Notwendigkeit der geforderten Wirtschaftswende. Die Delegierten des Parteitags jubeln, aber es wäre ein politisches Wunder, wenn SPD und Grüne darauf eingehen würden. Ein Kommentar.

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Wenn einer seiner Partei aus der Seele sprechen kann, dann ist es Christian Lindner. Mit Charts und rhetorischer Verve buchstabierte der FDP-Vorsitzende auf dem Bundesparteitag der Liberalen den jüngsten Vorstoß zur Wirtschaftswende durch. Ohne eine durchgreifende Neuorientierung sieht Lindner das Land in Gefahr. Denn in einer weiterhin stagnierenden Wirtschaft fehle nicht nur das Geld, um die Freiheit Europas gegen Putin zu verteidigen, sondern eine stagnierende Gesellschaft führe auch zu mehr Inflation, einer harten Ellenbogenmentalität und zu sinkender Akzeptanz der Demokratie.

Wortreich und immer wieder von Beifall unterbrochen beklagte der Bundesfinanzminister in seiner Rede die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre, ohne freilich darauf einzugehen, welchen Anteil die FDP als mitregierender Partner in der Ampelkoalition hat. Man hat halt zu oft und zu schnell zugestimmt, nicht früh genug gegengesteuert und merkt jetzt reichlich spät – oder vielleicht schon zu spät – dass die Bundesregierung in eine Sackgasse gefahren ist.

Nur noch 0,5 Prozent Potenzialwachstum, Rückfall auf Platz 22 der Wettbewerbsfähigkeit und praktisch keine Aussicht, mit Hilfe einer anspringenden Konjunktur spätestens im Bundestagswahljahr 2025 aus dem politischen wie ökonomischen Loch herauszukommen.

Die Liberalen stehen in der Wählergunst am Abgrund, weitermachen wie bisher ist keine Option. Doch die Forderungen nach Wirtschaftswende und härterer Asylpolitik lehnen SPD und Grüne ab. Bleibt nur der Ausstieg?
von Daniel Goffart

Aus Sicht der FDP gibt es deshalb keine Alternative zu einer scharfen Kehrtwende, die unmittelbar vor dem Parteitag als „Wirtschaftswende“ in zwölf Punkten aufgeschrieben wurde. Die Forderungen haben es in sich: Stopp des „absurden“ Gesetzes zur Kindergrundsicherung, Stopp der Subventionen für erneuerbare Energien, unbedingtes Einhalten der Schuldenbremse, scharfe Sanktionierung für arbeitsunwillige Bürgergeldbezieher, vollständige Rücknahme des Solidarzuschlags und anderes mehr.

Für SPD und Grüne sind die meisten dieser Forderungen eine politische Provokation – die Chance, dass man den vielen gute Argumenten von Lindner folgt, dürfte ziemlich gering sein. Und hier beginnt das Problem der FDP und ihres Vorsitzenden.



Steigt die FDP dann aus der Regierung aus? Oder lässt man es lieber?

„Für eines sind wir gar nicht offen, dass sich nämlich nichts ändert!“ rief er den Delegierten zu. Der Jubel über diese Ankündigung war kaum verhallt, da kamen schon die ablehnenden Reaktion von den Koalitionspartnern. Die eigentliche Frage an Christian Lindner lautet also, was passiert denn, wenn wirklich nichts passiert?

Wenn SPD und Grüne mit den Schultern zucken und weiter an ihren Programmen und ihren Ideen festhalten? Steigen die Liberalen dann aus der Regierung aus? Aus Selbstachtung oder Verzweiflung? Oder macht man eine Faust in der Tasche, denkt an die stark geschrumpften Zustimmungswerte zwischen vier und sechs Prozent und lässt es lieber mit dem Ausstieg aus der Koalition?

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