Audi TT, BMW Z3 Coupé: Vergleich
Bayerische Kult-Coupés: Audi TT und BMW Z3 im Duell
Wir fahren mit den beiden Kult-Kisten Audi TT und BMW Z3 Coupé auf dem „Hopfen-Schnellweg“ in der Hallertau. Und erleben zwei künftige Klassiker.
Bild: Florian Quandt / AUTO BILD
Vielleicht sind sie hier ja wirklich mal nebeneinandergefahren, damals in den 1990er-Jahren. Vielleicht sind sie sich hier begegnet, beide als Erlkönig getarnt. Vielleicht hat der eine den anderen überholt, so eng an eng, dass die beiden Testfahrer Leberkässemmel gegen Butterbrezn tauschen konnten. Vielleicht gibt es diese Bilder auch nur in unserer Fantasie.
Auf jeden Fall sind wir heute unterwegs in der Hallertau – dort, wo unser Bier wächst. Düsen vorbei an Hopfenfeldern und sollten jetzt unser Glas erheben auf zwei Typen, die uns in den vergangenen 25 Jahren so viel Spaß gemacht haben. Audi TT trifft BMW Z3 Coupé. Dieses Duell feierte jüngst Silberhochzeit, und wir schnalzen mit der Zunge: gebaut nach dem deutschen Reinheitsgebot!
Und bevor Sie jetzt Ihre AUTO BILD SPORTSCARS wutentbrannt in die Ecke donnern: Ja, wissen wir auch. Die beiden Typen kommen gar nicht aus Deutschland, sondern aus Amerika (BMW) und Ungarn (Audi). Was anderes haben wir nie behauptet. Nur dass sie so gebaut wurden, wie sie in der Hallertau und überall in Bayern unser Bier brauen: ohne Chichi, ohne künstliche Aromastoffe, pur.
Wo wir gerade bei den Produktionsstätten der Freude sind, beamen wir uns mal kurz zurück in die wilden 1990er. Alles ist möglich, zu jeder Zeit, an jedem Ort. Oder wie kommt man sonst auf die Idee, ein Auto in zwei Fabriken in zwei unterschiedlichen Ländern zu bauen? Audi hat sich das mit dem TT vom Typ 8N genau so ausgedacht: Die Rohkarossen kommen aus Ingolstadt, wo Presswerk und Schweißroboter stehen und sie gerade eine 500 Millionen Mark teure Lackierstraße in Betrieb genommen haben, in der die Karossen ihre diversen Farbschichten bekommen. Und dann, wenn alles ruht und auf der Schiene was geht, schicken sie die farbigen Karossen in geschlossenen Waggons auf eine siebenstündige Reise über 600 Kilometer nach Ungarn, wo die Frühschicht im gerade eröffneten Werk Györ mit der Endmontage beginnt. "Nachtsprung" nennen die Audis diese ungewöhnliche Bahnfahrt, die auf gleiche Art zurück von Györ nach Ingolstadt stattfindet, dann mit den fertigen Autos. Wie gesagt: Alles ist möglich, zu jeder Zeit, an jedem Ort.
Das denken sie sich in den Neunzigern auch bei BMW. Im Juni 1994 nehmen sie die Produktion im US-Werk Spartanburg in South Carolina auf. Das erste Auto, das vom Band rollt, ist ein BMW 318i der Baureihe E36, und das ergibt auch Sinn, denn der BMW Z3 stammt von ebendiesem Typen ab, teilt sich die Technik mit der Mittelklasse. Ab 1995 bauen die US-Worker also die ersten Z3 Roadster und korrigieren rasch die anfangs etwas zu großzügig bemessene Spaltmaßqualität zur Zufriedenheit der bajuwarischen Instruktoren. Mit dem Z3 sind die US-Boys so gut ausgelastet, dass sie keine 3er mehr herstellen müssen. Denn da wartet schon das nächste Projekt: Baut das Z3 Coupé vom Typ E36/8! Im Sommer 1998 rollen in den USA die ersten "Turnschuhe" vom Band, in Ungarn die ersten TT. Das Jahr 1998 erlebt einen heißen Auto-Herbst.
Startschwierigkeiten für den TT
Apropos heiß: Wir wollen nicht lang um den heißen Brei herumreden, heiß wird es erst mal nur für Audi. Unfallserie! Auto nicht beherrschbar! Bei Lastwechsel (Fuß vom Gas) bricht das Heck aus! Im Oktober 1999, da haben sie bereits 40.000 Autos ausgeliefert, schlägt der Blitz über Ingolstadt ein. Sie wollten von Anfang an das ikonische Design erhalten, die runde Form auf gar keinen Fall mit einem Heckspoiler verunstalten, steckten viel Hirnschmalz in einen aerodynamischen Boden statt in einen Bürzel am Heck. Das Ergebnis waren viele Unfälle wegen fehlenden Anpressdrucks bei hohem Tempo. Dann der Rückruf, Heckspoiler für alle, sicher ist sicher.
Ist der Audi TT eben doch nur ein Golf und kein Sportwagen, wie Zyniker behaupten? Nee, der TT ist vor allem ein Audi. Nach all den Jahren sitzt du also wieder in einem TT der ersten Serie. Ach herrje, wie lang haben wir uns nicht gesehen, und warum nicht? Unser Testwagen fühlt sich an wie gerade per "Nachtsprung" aus Györ in die Hallertau transportiert. Diese Innenraumqualität! Das Metall, das sie auf die Lüftungsdüsen gesetzt haben, ist kein Plastik, das aussehen soll wie Metall. Es ist Metall. Überall mit acht eingestanzten Punkten. Auf den Luftdüsen, rund um den Schalthebel, am Türöffner und darunter. Dort, wo sie die winzigen Knubbel für die Fensterheber so gut versteckt haben, dass einige Kunden früher noch mal beim Händler nachfragen mussten. Und dann der Teppich: Schlingenware wie in Edel-Oldies. Hier ab Werk.
Wenn wir heute vom "Qualitätsweltmeister" Audi sprechen, dann meinen wir Autos wie den TT, die entwickelt und durchgewinkt wurden, als alle Rotstift- Rudis aus dem Controlling im Urlaub gewesen sein mussten. Was das kostet? Uns doch egal, gut soll es werden. Leuten wie Ulrich Hackenberg, zu TT-Zeiten technischer Projektleiter, verdanken wir einen derartigen Reifeprozess und eine solche Liebe zum Detail wie in diesem kleinen Audi. Man beachte nur die Klappe, die das Radio abdeckt, natürlich aus Metall. Ist sie unten, ist alles verdeckt. Auch die Seite. Und dieser Audi hat, was dem BMW fehlt: Platz für vier, denn er hat eine Rückbank. Oder sollten wir sagen: Platz für zwei Menschen und zwei Hunde? Denn wirklich sitzen kann man im Fond natürlich nicht, viel zu eng.
Konsequent unpraktisch
Bei der Erfindung des Z3 Coupé hatten sie bei BMW praktische Ideen gar nicht erst im Sinn, wenn wir mal von der lang gezogenen Dachlinie für den großen Kofferraum absehen. Ansonsten: zwei Sitze, enger Innenraum, Turnschuh eben. Aber auch viel Großserientristesse. Ganz ehrlich, wenn du dich aus dem Audi raus-, in den BMW reinschälst und auf die Armaturen guckst, bist du ein kleines bisschen enttäuscht: Armaturenträger eng verwandt mit dem 3er vom Typ E36, Tacho und Drehzahlmesser ebenfalls. Wo sie bei Audi einen Eiertanz ums Material gemacht haben, müssen sie bei BMW einfach nur gesagt haben: Entscheidend sind Fahrwerk und Motor. Oder anders: Lass die aus Ingolstadt mal einen Golf zum Rundstück umbauen, wir nehmen die Hinterradantriebsplattform vom 3er, den Reihensechszylinder, modifizieren das Fahrwerk und bauen ein echtes Sportcoupé. Mia san BMW!
Dass wir jetzt unsere Runden drehen durch die Hallertau, dass wir Gas geben auf dem "Hopfen- Schnellweg", hat natürlich eine Bewandtnis. Hier prüfen sie bei BMW wirklich kleine Fahrwerksänderungen, testen also auf dem kurzen Dienstweg. Das Z3 Coupé fühlt sich auf den engen, kurvigen Landstraßen an, als hätten sie es nur dafür gebaut. Du sitzt sehr weit hinten, knapp vor der Hinterachse, vor dir die laaange Motorhaube für den längs eingebauten Reihensechser. Der will Drehzahlen, erst ab 3500/min steht sein volles Drehmoment von 280 Nm zur Verfügung. Auf dem Weg dahin musst du schalten, schalten, schalten, was mit der wunderbar knackigen Fünfgangbox sehr gut von der Hand geht. Was bleibt, ist dieses fantastische, weil pure Gokart- Feeling, das uns die Marketingstrategen von BMW-Tochter Mini zwei Jahre später als ihre Erfindung verkaufen wollten. Nee, das ist anders, Freunde. Gokarts haben den Antrieb hinten, vorn wird gelenkt, und mit nur 4,03 Meter Kürze ist Zetti das wahre Kart, das mit 2,45 Meter Radstand (Audi 2,43 Meter) auch bei hohem Tempo neutral bleibt, gut beherrschbar.
Ob Spitze 231 Freude bringt? Nicht probiert. Beim Turnschuh haben sie 1300 Kilo perfekt auf beide Achsen verteilt, er hat eine derart tiefe Straßenlage, dass du permanent Kurven räubern willst: hochschalten, Reihensechser hören, mit dem Popo wackeln. Auf die Autobahn willst du gar nicht.
Audi: Klarer Favorit der Massen
Kann der TT beim Fahrspaß mithalten? Jein. Der Kerl läuft wie der "Nachtsprung", also wie auf Schienen, permanentem Allrad sei Dank. Nur halt viel agiler als alle Züge der Welt. Dank Turbounterstützung ist hier ein Wimpernschlag hinter Leerlaufdrehzahl Kirmes, bei 2200/min, um genau zu sein. Und dank Turbounterstützung hört die Kirmeskapelle nicht auf zu trompeten, der 224-PS-TT hat in jeder Lebenslage Dampf, will schnell um die Kurve wie ein Renner auf der Carrera-Bahn, nur dass hier das Kitzeln fehlt, das Herzrasen, dafür ist der TT zu perfekt. Na klar, er fühlt sich nicht an wie ein Golf, dafür hat er zu viel Power und Allrad, dafür ist er zu straff abgestimmt. Aber er ist in jeder Situation auf Contenance bedacht, auf Beherrschung der Lage. Wenn du also nach dem Z3 den TT fährst, dann würdest du ihm am liebsten ins schöne Blechkleid brüllen: Mach dich doch mal locker!
Um ein Haar hätte Audi die Zwei-Buchstaben-Ikone übrigens nicht TT getauft, sondern A3 Coupé, verriet uns Ex-Chefdesigner Peter Schreyer (70) jüngst. Haben sie zum Glück nicht gemacht. Die Leute haben es ihnen gedankt. Mit 178.838 Coupés haben die Ingolstädter bis 2006 gut zehnmal so viele verkauft wie die Münchner bis 2002 vom Z3 Coupé (17.815). Am Preis kann es nicht gelegen haben: Audi wollte zum Marktstart für den 224-PS-TT 62.000 Mark, BMW rief für zwei Zylinder mehr, aber zwei Sitze und 31 PS weniger 64.000 auf. Ob das die Testfahrer damals auf dem "Hopfen-Schnellweg" interessiert hat? Nee, die haben die nächste Kurve gesucht. Denn sie hatten Typen, die es bis dato nicht gab, Craft Cars. Gebaut nach dem deutschen Reinheitsgebot.
Fazit
Wie viele andere habe ich seinerzeit mit dem Z3 Coupé gefremdelt, wurde mit Form und Konzept nicht warm. Den TT fand ich schon immer ikonisch. Welch ein Design! Beim Fahren nach all den Jahren ist der Audi so perfekt wie seine Hülle. Der BMW will mit dir spielen, mit dem Popo wackeln. Auf einmal will ich beide haben!
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