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Kundgebung in Hamburg Faeser nennt Islamisten-Demonstration »schwer erträglich«

In Hamburg sind mehr als tausend Menschen einem Protestaufruf von Islamisten gefolgt. Sie forderten unter anderem ein Kalifat. Bundesinnenministerin Nancy Faeser reagiert empört.
Demo in Hamburg: Auf Plakaten stand unter anderem »Kalifat ist die Lösung«

Demo in Hamburg: Auf Plakaten stand unter anderem »Kalifat ist die Lösung«

Foto: Axel Heimken / dpa

Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) hat eine von Islamisten organisierte Demonstration in Hamburg verurteilt und ein hartes Einschreiten des Staates bei Straftaten auf solchen Veranstaltungen gefordert. »Eine solche Islamisten-Demonstration auf unseren Straßen zu sehen, ist schwer erträglich. Es ist gut, dass die Hamburger Polizei mit einem Großaufgebot Straftaten entgegengewirkt hat«, sagte Faeser dem »Tagesspiegel «. Zu Zwischenfällen kam es nicht.

Die roten Linien, bei denen der weitreichende Schutz der Versammlungs- und Meinungsfreiheit ende, müssten klar sein, sagte die Ministerin: »Keine Terrorpropaganda für die Hamas, keine Hassparolen gegen Jüdinnen und Juden, keine Gewalt.«

Am Samstag waren in Hamburg nach Polizeiangaben rund 1100 Menschen dem Aufruf zu einer Kundgebung von Islamisten gefolgt. Im Stadtteil St. Georg protestierten sie gegen eine aus ihrer Sicht islamfeindliche Politik und Medienkampagne in Deutschland. Auf Plakaten stand etwa »Deutschland = Wertediktatur« oder »Kalifat ist die Lösung«.

Demonstranten in Hamburg: Frauen protestierten ebenfalls, mit deutlichem Abstand hinter diesen Männern

Demonstranten in Hamburg: Frauen protestierten ebenfalls, mit deutlichem Abstand hinter diesen Männern

Foto: Axel Heimken / dpa

Von den Organisatoren wurden die Demonstranten zu »Allahu akbar«-Rufen (»Gott ist groß«) aufgefordert. Etwa 80 Frauen standen mit den gleichen Schildern und Plakaten weit hinten im Demoblock, verschleiert und deutlich von den überwiegend jungen Männern getrennt, wie die »Hamburger Morgenpost« berichtet und im Foto zeigt . Redner warfen Politik und Medien »billige Lügen« und »feige Berichterstattung« vor; angeblich sollten damit vor dem Hintergrund des Gazakriegs alle Muslime in Deutschland als Islamisten gebrandmarkt werden.

Der Anmelder der Kundgebung ist nach Informationen des Hamburger Verfassungsschutzes eng verbunden mit der Gruppierung Muslim Interaktiv, die als gesichert extremistisch eingestuft ist. Joe Adade Boateng (»Raheem«) studiert laut »Hamburger Abendblatt«  auf Lehramt an der Universität und ist auf Instagram und TikTok als islamistischer Influencer sehr aktiv. (Lesen Sie hier , wie Islamisten Social Media für ihre Propaganda nutzen.)

Gruppierung hatte auch schon im Oktober demonstriert

Kazim Abaci, migrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, sagte der »Hamburger Morgenpost«, es sei für ihn »unerträglich«, dass Islamisten wieder durch Hamburg marschieren.

Muslim Interaktiv hatte bereits Ende Oktober trotz Verbots eine Demonstration in St. Georg organisiert. Im Februar vergangenen Jahres mobilisierte die Gruppe 3500 Menschen zu einer Kundgebung gegen eine Koranverbrennung in Schweden. Nach Einschätzung des Hamburger Verfassungsschutzes zählt sie zum ideologischen Umfeld der islamistischen und antisemitischen Bewegung Hisb al-Tahrir, die einen globalen Kalifatstaat anstrebt und für die in Deutschland seit 2003 ein Betätigungsverbot gilt.

Innenministerin Faeser erklärte, dass die Sicherheitsbehörden die islamistische Szene im Visier hätten. Nach dem Verbot der Terrororganisation Hamas und der Gruppierung Samidoun würden weitere Gruppen ebenfalls beobachtet. »Auch andere Gruppierungen, die emotionalisieren, radikalisieren und neue Islamisten heranziehen wollen, stehen im Fokus unserer Sicherheitsbehörden«, sagte die Ministerin. Das gelte auch für die mutmaßlich maßgebliche Gruppierung bei der Demonstration in Hamburg.

Die innenpolitische Sprecherin der Grünenfraktion, Lamya Kaddor, sagte der »Welt «: »Bereits seit Langem fordern wir das Verbot von solchen Organisationen und Vereinen, die der Hisb al-Tahrir nahestehen.« Sie rief Innenministerin Faeser auf, »ein Vereinsverbot so schnell wie möglich umzusetzen«.

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle forderte Konsequenzen für Ausländer, deren »Aufenthalt die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Deutschland gefährdet«. Wie viele der Demonstrierenden keinen deutschen Pass haben, ist jedoch nicht bekannt. Der innenpolitische Sprecher der Union, Alexander Throm (CDU) äußerte sich ähnlich und nannte die Demonstration eine »Schande«.

kko/jol/dpa