Dritte Liga:Und wieder siegen die Vorstädter

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Freude nach der Führung: Die Unterhachinger jubeln über das 1:0 durch Manuel Stiefler. (Foto: Sven Leifer/Foto2press/Imago)

Wer ist die Nummer zwei im Münchner Fußball? Haching schlägt 1860 auch im Rückspiel. Die Sechziger, deren Fans eine fast halbstündige Verzögerung des Anpfiffs verursachen, bangen sogar noch um den Klassenverbleib.

Von Stefan Galler

Am Ende stand wieder ein Derbysieg für die SpVgg Unterhaching. Mit 2:0 (1:0) gewannen die Vorstädter auch den zweiten Drittliga-Vergleich in dieser Saison mit dem TSV 1860 München, es war ein umkämpftes und zähes Ringen, in dem es den Löwen jedoch gegen stabile Gastgeber an Durchschlagskraft fehlte. Und so ging das Ergebnis in Ordnung, wie Hachings Präsident Manfred Schwabl nach dem Spiel feststellte: "Am Anfang war es auf Messers Schneide, aber hinten raus finde ich, dass es eher zu niedrig ausgefallen ist." Bei neun Punkten Vorsprung für die SpVgg und nur noch drei ausstehenden Partien zeichnet sich ab, dass sie die Spielzeit in der Tabelle vor Sechzig beschließt.

Während die Unterhachinger den Klassenverbleib längst sicher haben, sich aber zuletzt nach fünf Niederlagen in den jüngsten sechs Partien von allen Ambitionen in Richtung Spitzenplätze verabschieden mussten, braucht Sechzig noch Punkte, um sicher in der dritten Liga zu bleiben. Das stellte auch Kapitän Jesper Verlaat nach dem Spiel klar: "Eine Derbyniederlage ist immer Mist, wir brauchen noch einen Sieg, haben jetzt noch zwei Heimspiele, da müssen wir den entscheidenden Schritt machen." Löwen-Trainer Argirios Giannikis war restlos bedient: "Wir haben uns nach dem Rückstand für die zweite Halbzeit viel vorgenommen, aber aus unserer Feldüberlegenheit nicht viel leisten können, weil wir kopflos agiert haben. Letztlich haben wir verdient verloren."

Der Abend hatte mit allerlei Merkwürdigkeiten begonnen. Zunächst sah alles ganz harmonisch aus. Aus den Boxen wummerte das Vereinslied "I mog Haching" und das Schunkeln der Löwen-Fans wirkte so, als würden sie sich der Hymne des ungeliebten Nachbarn hingeben. Doch als der Song vorbei war, schunkelten die Blauen noch ein bisschen weiter, um danach hüpfenderweise in lautstarke Unterstützung für den TSV 1860 überzugehen. Währenddessen feuerten Böllerschützen im Mittelkreis ein paar donnernde Salven ab und Fonsi, das Maskottchen der Spielvereinigung, tanzte zu AC/DC mit einer E-Gitarre auf dem Platz herum.

Doch die fröhliche Stimmung im mit 14 200 Zuschauern rappelvollen Sportpark kippte innerhalb von Minuten, weil sich die Anhänger der Sechziger weigerten, ein Banner aus ihrem Block auf der Nordtribüne zu entfernen, das Fluchtwege blockierte. Also beleidigten die Haching-Fans die Gäste aus Giesing, diese wiederum richteten ihre Tiraden gegen den Deutschen Fußball-Bund. Eine Viertelstunde lang tat sich gar nichts, Sicherheitskräfte diskutierten mit Fan- und Vereinsvertretern. Obwohl zunächst nicht ersichtlich war, dass sich an der Dekoration im Löwen-Block irgendetwas verändert hatte, kamen dann doch die Mannschaften aufs Spielfeld - übrigens nicht wie sonst üblich von Kindern begleitet, sondern von bedürftigen Senioren, die von der Vereinsinitiative "Haching schaut hin" unterstützt werden.

Mit 26 Minuten Verspätung geht es endlich los - obwohl das Banner im Block unverändert hängt

Es dauerte dann noch mal eine Weile, bis mit exakt 26 Minuten Verspätung endlich Fußball gespielt wurde - das Banner hing immer noch quer über den Zaun. "Ich habe gehört, dass die Löwenfans mit einem Platzsturm gedroht haben", sagte SpVgg-Boss Schwabl später. Sie hätten aber zugesagt, dass sie das Banner sehr schnell entfernen könnten, wenn Gefahr drohen würde, so Schwabl weiter.

Die Partie verlief zunächst ausgeglichen, die erste Chance vergab Hachings Verteidiger Raphael Schifferl, der knapp vorbeiköpfelte (3.), ehe eine Viertelstunde später die Löwen erstmals gefährlich wurden, allerdings mutmaßlich eher unabsichtlich: Tim Rieder rutschte eine Flanke von der rechten Seite vom Spann, sie wurde immer länger - der Ball wäre wohl hinten reingefallen, hätte sich SpVgg-Torwart René Vollath nicht lang gemacht und ihn aus dem Winkel gefischt.

Es folgte ein Flachschuss von Hachings Junioren-Nationalspieler Maurice Krattenmacher, den 1860-Keeper Marco Hiller ohne Probleme halten konnte (26.). Und fünf Minuten später fand Simon Skarlatidis mit einem Eckball den aufgerückten Verteidiger Manuel Stiefler, der nur noch den Kopf hinhalten musste - 1:0 für die Gastgeber, die ausgelassen jubelten. Trainer Marc Unterberger hatte ja in den vergangenen Monaten immer wieder betont, wie wichtig ihm der Sieg im Hinspiel auf Giesings Höhen gewesen sei - der erste für Haching gegen Sechzig seit Dezember 2006.

Doch die Gäste ließen sich nicht beeindrucken, vor allem in der Schlussphase der ersten Halbzeit machten sie ordentlich Druck, doch das Bollwerk in Rot-Blau hielt, einen Gewaltschuss von Marlon Frey nach abgewehrter Ecke lenkte Vollath über den Balken (45.). Nach dem Wechsel erwischte die SpVgg den besseren Start, den ersten Versuch von Aaron Keller konnte Hiller noch abwehren (53.), eine Minute später bediente Dennis Waidner in der Mitte Patrick Hobsch, der sich gegen Fabian Greilinger durchsetzte und per Kopf auf 2:0 erhöhte. Jetzt gab es für Coach Unterberger kein Halten mehr, im Vollsprint rannte er zum Torschützen, um ihn an seine breite Brust zu drücken. "Erstmals seit 18 Jahren haben wir zwei Derbysiege in einer Saison geschafft, es macht mich sehr stolz, Trainer dieser Mannschaft zu sein", sagte Unterberger nach der Partie.

Und auch wenn der SpVgg-Übungsleiter "nie das Gefühl hatte, dass das Spiel hätte kippen können", wäre es womöglich noch mal eng geworden, wäre der Kopfball von Max Reinthaler nicht an Vollaths emporgerissener Faust abgeprallt (68.). Auf der Gegenseite vergab Hobsch die vorzeitige Entscheidung, als er nach Flanke von Markus Schwabl völlig frei an Hiller scheiterte (71.). Später ließ dann auch noch der eingewechselte Boipelo Mashigo eine dicke Gelegenheit zum 3:0 (87.) liegen.

Als der Sieg ein paar Minuten später feststand, brachte es der Stadionsprecher der Hachinger auf den Punkt: "Wir sind Derbysieger", brüllte er ins Mikrofon. Dem war nichts mehr hinzuzufügen.

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