Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schließt nicht aus, dass die Fregatte „Baden-Württemberg“ bei ihrer bevorstehenden Pazifik-Mission die Straße von Taiwan durchquert. Bei ihrem Besuch in Neuseeland sagte die Grünen-Politikerin am Samstag zwar, dass die Route des Kriegsschiffes und eines Versorgungsschiffes nicht vorab bekannt gegeben werde. Sie betonte aber gleichzeitig, dass das „Recht der friedlichen Durchfahrt“ auch für die Straße von Taiwan gelte. „Da gelten dieselben Regeln wie in allen vergleichbaren Meeresgebieten, wo unsere Schiffe und andere Schiffe langfahren.“ Auf dieser Grundlage finde die Übungsmission der beiden Schiffe statt.
Bogen um Taiwan bei erster Pazifik-Mission
Die Fregatte „Baden-Württemberg“ und der Einsatzgruppenversorger „Frankfurt am Main“ starten am Dienstag eine Weltumrundung, bei der sie durch den Panamakanal in den Pazifik gelangen und später auch das Südchinesische Meer durchqueren. Eine vergleichbare Mission hatte es bereits von August 2021 bis Februar 2022 gegeben. Die Fregatte „Bayern“ nahm damals zwar an Manövern mit Bündnispartnern teil, machte um Taiwan aber einen Bogen.
Die Durchquerung der Straße von Taiwan könnte von China als Provokation gesehen werden. Die kommunistische Volksrepublik beansprucht die demokratische Republik Taiwan als ihr eigenes Territorium und hat mehrfach mit einer Invasion gedroht. Die USA, Großbritannien und Frankreich zeigen dennoch militärische Präsenz in der Meerenge zwischen Taiwan und China.
Worum geht es bei dem Streit um Taiwan?
Der kommunistische Machtanspruch geht auf die Gründungsgeschichte der Volksrepublik China zurück. Nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten zog die nationalchinesische Kuomintang-Regierung mit ihren Truppen nach Taiwan, während Mao Tsetung 1949 in Peking die Volksrepublik ausrief. Der heutige Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht eine „Vereinigung“ mit Taiwan als „historische Mission“.
Stand: September 2023
Die Insel zwischen Japan und den Philippinen hat große strategische Bedeutung. US-General Douglas MacArthur bezeichnete Taiwan einst als „unsinkbaren Flugzeugträger“ der USA. Eine Eroberung durch China wäre ein wichtiger Baustein in dessen Großmacht-Ambitionen, weil es das Tor zum Pazifik öffnen würde.
China zwingt jedes Land, das diplomatische Beziehungen mit Peking haben will, keine offiziellen Kontakte mit Taiwan zu unterhalten. Es ist vom „Ein-China-Grundsatz“ die Rede. Danach ist Peking die einzige legitime Vertretung Chinas. Auf chinesischen Druck wurde Taiwan aus den Vereinten Nationen und internationalen Organisationen ausgeschlossen. Nur wenige kleinere Länder unterhalten noch diplomatische Beziehungen. Deutschland oder die USA betreiben nur eine inoffizielle Vertretung in Taipeh.
Die Taiwaner verstehen sich mehrheitlich längst als unabhängig und wollen zumindest den Status quo wahren. Auch wollen sie als Demokratie international anerkannt werden und sich keinem diktatorischen System wie in Festlandchina unterwerfen. Die frühere Kuomintang-Regierung hatte einst selber einen Vertretungsanspruch für ganz China, was sich bis heute im offiziellen Namen „Republik China“ widerspiegelt. Dieser Anspruch wurde 1994 aufgegeben. Damals wandelte sich Taiwan von einer Diktatur zu einer lebendigen Demokratie. Jede Veränderung des Status quo müsste aus Sicht der Regierung heute demokratisch von den 23 Millionen Taiwanern entschieden werden.
Experten gehen davon aus, dass ein Krieg um Taiwan massive und größere Auswirkungen hätte als der Angriff Russlands auf die Ukraine - auch auf Deutschland. Taiwan ist Nummer 22 der großen Volkswirtschaften, industriell weit entwickelt und stark mit der Weltwirtschaft verflochten. Ein Großteil der ohnehin knappen Halbleiter stammen von dortigen Unternehmen. Wegen der großen Abhängigkeit vom chinesischen Markt wären deutsche Unternehmen massiv betroffen, wenn ähnlich wie gegen Russland wirtschaftliche Sanktionen gegen China verhängt werden sollten.
Stand: September 2023
Vor Europareise Xis: Baerbock kritisiert Subventionspraxis
Vor dem Europa-Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping kritisierte Baerbock auch die staatliche Subventionspraxis Chinas und schloss Gegenmaßnahmen nicht aus. „So handhaben das eigentlich alle großen Ökonomien auf dieser Welt, dass sie sich für internationale Regeln einsetzen, und bei einem Regelbruch ihre eigenen Märkte dann entsprechend schützen müssen“, sagte sie bei einer Pressekonferenz mit ihrem Kollegen Winston Peters.
Lesen Sie auch: Was die Wahl über das Verhältnis der Taiwaner zu China offenbart
„Wir hoffen, dass es dazu nicht kommen muss. Weil wenn sich alle an die Regeln halten, dann brauchen wir auch keine Counter-Maßnahmen“, betonte sie. Die Europäische Union sehe es aber „mit Sorge“, dass bei der Elektromobilität und in anderen Bereichen staatliche Subventionen Chinas gebe, die einen ausgewogenen Wettbewerb verzerren würden.
Chinas Staats- und Parteichef Xi wird sich am Montag zu Beginn einer Europareise in Paris mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen treffen. Die EU-Kommission prüft derzeit, ob der Absatz chinesischer Elektroautos in Europa in unzulässiger Weise subventioniert wird und Gegenmaßnahmen ergriffen werden müssen. Das dürfte das Hauptthema des Treffens werden.
Klimaforschung in der Antarktis: Kooperation vereinbart
Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) vereinbarte während des Baerbock-Besuchs in Auckland eine Forschungskooperation mit dem Antarktis-Institut Neuseelands zum Klimawandel in der Südpolarregion. Für die Jahre 2028 und 2029 soll ein internationales Projekt vorbereitet werden, das der Erhebung der bisher größten Datenbasis zur Antarktis dienen soll. Außerdem besuchte Baerbock das Weltraumzentrum der Universität Auckland.
Neuseeland ist die zweite Station der einwöchigen Reise der Ministerin, am Freitag war sie zu politischen Gesprächen im südaustralischen Adelaide. In beiden Ländern war seit 13 Jahren kein deutscher Außenminister mehr. Am Sonntag geht es weiter nach Fidschi. Den Inselstaat im Südpazifik hat noch nie ein deutscher Chefdiplomat besucht.
Lesen Sie auch: Hier bereitet sich Taiwan auf die Invasion durch China vor