Wenn es um Kryptowährungen geht, dann blicken Anleger natürlich auf den Bitcoin. Mit einer Marktkapitalisierung von etwa 1,26 Billion Dollar dominiert er den Markt. Vor allem in den letzten Wochen und Monaten bekam die Digitalwährung noch mehr Aufmerksamkeit: Erst vergangene Woche fand das Bitcoin-Halving statt – ein Event, mit dem die Produktion neuer Bitcoin an Geschwindigkeit verliert. Und im Januar wurden in den USA spezielle Bitcoin-ETFs zugelassen. Beides hat den Kurs der Kryptowährung deutlich getrieben.
Nun dürfte aber die zweite Reihe am Kryptomarkt für Anleger interessant werden: Schon bald dürfte eine Entscheidung fallen, ob auch für die zweitgrößte Digitalwährung Ether, die auf der Ethereum-Blockchain läuft, in den USA Indexfonds zugelassen werden. Mit Blick auf die bereits genehmigten Bitcoin-ETFs sehen manche die Zustimmung der zuständigen US-Börsenaufsicht SEC nur als Formsache. Doch so einfach ist das nicht.
Der Bitcoin-ETF im Detail
Viele Experten sehen darin einen Ritterschlag für den Bitcoin. Die Genehmigung habe eine große Signalwirkung erzeugt und werde für den Bitcoin deutlich mehr Professionalisierung schaffen, sagt Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance and Management. „Dies wird aber Monate dauern oder sogar noch länger. Der Bitcoin kommt nun langsam im Mainstream an; er wird hoffähig.“
Mit den neuen Finanzprodukten wird es für Investoren in den USA einfacher, in den Bitcoin zu investieren. ETF steht für „exchange-traded fund“ – übersetzt „börsengehandelter Fonds“. Mit ETFs wird normalerweise ein bestimmter Börsen-Index nachgebildet, etwa der MSCI World, in dem unter anderem die Aktien von Apple, Microsoft, Amazon, Alphabet (Google) und Meta (Facebook) stecken. Die neuen Bitcoin-ETFs setzen nur auf ein Pferd, nämlich den Bitcoin und spiegeln nur die Kursentwicklung der Kryptowährung wider.
Anleger, die selbst Bitcoin kaufen, müssen sich entweder selbst um die Verwahrung in einer digitalen Brieftasche (Wallet) kümmern. Oder sie müssen Dienstleistern wie Coinbase oder Bitpanda vertrauen, die mit ihren Apps auch Online-Wallets anbieten. Bei den nun zugelassenen ETFs kaufen Fonds-Anbieter wie Blackrock ihre Bitcoin-Bestände auf eigene Rechnung ein. Die Anleger erhalten dann nicht die Bitcoins selbst, sondern ein Zertifikat, das den Anspruch darauf bescheinigt. Dafür verlangen die Finanzhäuser Gebühren. Bei Blackrock sind das 0,25 Prozent der Investitionssumme im Jahr.
Der Kurs schwankt sehr stark, und Prognosen für den weiteren Verlauf sind schwierig. Die Bedeutung der ETF-Zulassung kann man aber an dem Kurs der vergangenen Monate ablesen. Mitte Oktober, bevor Gerüchte über eine bevorstehende Zulassung kursierten, lag der Kurs bei rund 26.500 Dollar. Vor der SEC-Entscheidung stieg der Bitcoin auf knapp 48.000 Dollar.
Experten trauen dem Bitcoin zu, 2024 ein Rekordhoch von über 69.000 Dollar zu erreichen und halten auch Kurse von über 100.000 Dollar. Finanzexperte Sandner sagt: „Der Kurs dürfte sich dadurch positiv entwickeln, wenn nun das Investieren in Bitcoin unkomplizierter wird und auch die ersten großen institutionellen Investoren beginnen, sich für den Bitcoin zu interessieren.“ Sogenannte HODL-Investoren, die ihre Kryptobestände halten, egal wie hoch oder niedrig die Preise sind, spekulieren sogar auf ein Überschreiten der Schwelle von einer Million Dollar. Auf der anderen Seite gibt es warnende Stimmen, etwa die deutsche Verbraucherzentrale. Bitcoins seien aufgrund der Risiken – von starken Kursschwankungen bis zum Totalverlust – als Geldanlage nicht zu empfehlen, erklärten die Verbraucherschützer im November.
Nein, solche „One-Trick-Ponys“ widersprechen den Regularien in Deutschland. Deshalb gibt es in der Bundesrepublik im Gegensatz zu den USA auch keine ETFs, die sich ausschließlich am Goldpreis orientieren. Wer virtuell in Gold investieren möchte, muss in Deutschland auf ETCs ausweichen. ETC steht für exchange-traded commodities („börsengehandelte Rohstoffe“). Sie funktionieren ähnlich wie ETFs: Sie können ebenfalls direkt an der Börse gehandelt werden und bilden den Goldpreis annähernd nach. Rechtlich gesehen sind ETCs aber unbefristete Schuldverschreibungen und keine Investmentfonds. Ähnliche Angebote gib es in Deutschland für den Bitcoin. Das sind dann sogenannte ETPs (exchange-traded products) oder ETNs (exchange-traded notes), die den Bitcoin ebenfalls abbilden.
Etliche Krypto-Anleger rechnen durch den Einstieg der traditionellen Finanzwirtschaft in den Bitcoin-Markt mit einer erhöhten Nachfrage nach Bitcoin. Das würde zwangsläufig zu einer Kurssteigerung führen, weil die Gesamtzahl der Bitcoins auf 21 Millionen begrenzt ist. Kritiker sehen den Einstieg dagegen skeptisch, auch weil der Bitcoin einst als Gegenreaktion auf die Finanzkrise entstand, für die traditionelle Geldhäuser verantwortlich waren. Der unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto agierende Bitcoin-Gründer wollte mit seinem Gegenentwurf vermeiden, dass Banken und Vermögensverwalter am Wertaufbau mitverdienen. Bitcoin-Experte Sandner zieht die Grenzen nicht so eng: „Der Bitcoin und die Idee dahinter ändert sich nicht. Es gibt ab nun aber weitere Möglichkeiten, in ihn zu investieren. Der Bereich professionalisiert sich.“
Die WirtschaftsWoche erklärt, warum die ETFs für Ethereum wichtig wären, was eine Genehmigung schwierig macht und welche Folgen eine Zulassung oder Ablehnung für Anleger hat.
Welche Vorteile hätte ein Ethereum-ETF?
Die Zulassung eines Ethereum-ETFs wäre für die Kryptowährung und den gesamten Sektor ein wichtiger Schritt. Zunächst einmal würde sie das Vertrauen in den Markt stecken, der in den vergangenen Jahren eher ein Schmuddelimage innehatte. Wenn nun renommierte Wall-Street-Häuser wie BlackRock – seinerseits der größte Vermögensverwalter der Welt – Kryptoprodukte anbieten, könnten die Hemmschwelle für Anleger kleiner werden. Um diese Indexfonds anbieten zu dürfen, brauchen die Emittenten eine Genehmigung von der US-Börsenaufsicht SEC. Ein Einverständnis der Behörde hätte Signalwirkung.
Die Ethereum-ETFs würden den Handel mit der Kryptowährung Ether vereinfachen und sie auch erstmals für institutionelle Investoren zugänglich machen. Aus regulatorischen Gründen haben sie bislang keinen Zugang zu dem Asset. Profiinvestoren brauchen für Kryptoengagements diese ETFs. Zwar sind bereits Ethereum-ETFs auf dem Markt, aber sie unterscheiden sich von den nun geplanten Indexfonds. Denn bislang sind in den USA nur sogenannte Future-ETFs für Ethereum zugelassen. Diese bilden Derivate ab, mit denen Anleger auf die künftige Entwicklung von Ethereum spekulieren können. Mit diesen Termingeschäften können sie an möglichen Kursgewinnen partizipieren, halten aber keine echten Einheiten der Kryptowährung. Genau das ist aber für institutionelle Investoren ein entscheidendes Kriterium.
In der aktuellen Diskussion geht es daher um sogenannte Ethereum-Spot-ETFs. Anders als die Future-ETFs basieren sie auf dem sekundenaktuellen Marktpreis und beinhalten physische Ethereum-Einheiten. Die Hoffnung von Anlegern: Wenn nun erstmals institutionelle Anleger ein Investmentvehikel für Ethereum haben, dürfte deren Engagement den Kurs steigen lassen. Ob das Kalkül aufgeht, ist noch offen. Auch bei den im Januar gestarteten Bitcoin-ETFs lässt sich dazu noch keine Aussage treffen.
Wann ist mit einer Entscheidung über die Ethereum-ETFs zu rechnen?
In knapp vier Wochen müsste eine Entscheidung gefallen sein. Am 23. Mai endet die endgültige Frist der US-Börsenaufsicht, um über den Antrag des Fondsanbieters VanEck zu entscheiden, tags darauf muss eine Entscheidung zu dem Indexfonds fallen, die 21Shares und Cathie Woods Investmenthaus Ark ins Rennen schicken. Bis spätestens August muss die SEC auch über die Anträge von fünf weiteren Anbietern richten.
Es gilt als wahrscheinlich, dass sich die Börsenaufsicht – genauso wie bei den Bitcoin-ETFs – bis zur finalen Deadline Zeit lässt. Wenn alle Anbieter vollständige Dokumente eingereicht haben, könnte die SEC auch im Fall der Ethereum-ETFs über alle Anträge auf einen Streich entscheiden.
Ist der Bitcoin-ETF eine Blaupause für den Ethereum-ETF?
Für manche gilt es wie gesagt nur als Formsache, dass die US-Börsenaufsicht nach der Zulassung der Bitcoin-ETFs nun auch Indexfonds für Ethereum zulässt. Die Sache ist aber komplizierter. Die SEC gilt unter Führung ihres Vorsitzenden Gary Gensler als eher kryptofeindlich. Dass sie im Januar die Bitcoin-ETFs durchgewunken hat, lag nicht etwa an einem plötzlichen Sinneswandel, sondern war der Tatsache geschuldet, dass die Aufsichtsbehörde schlicht nicht genug Argumente für eine Ablehnung hatte.
Bei Ethereum könnte sich das anders verhalten, weil die Kryptowährung aus Sicht der Behörde auch Eigenschaften eines Wertpapiers aufweist. Anders der Bitcoin, den sie als digitalen Vermögenswert betrachtet. Insbesondere mit dem sogenannten Staking haben Gensler und seine Beamten ein Problem. Ganz simpel ausgedrückt geben Ethereum-Anleger beim Staking ihre Coins für die Erzeugung weiterer Digitalmünzen frei und bekommen als Belohnung neue Ethereum-Einheiten. Für die Ethereum-Blockchain ist dieser Vorgang essenziell. Die SEC aber kritisiert, dass mit dem Staking ein Wertpapiergeschäft vollzogen werde – dafür aber eine entsprechende Lizensierung fehlt. Kurzum: Regulatorische Schwierigkeiten könnten dem Ethereum-ETF einen Strich durch die Rechnung machen.
Wie würde sich der Kurs entwickeln, wenn die Ethereum-ETFs zugelassen werden – und was passiert bei einer Ablehnung?
Wie immer bei Kryptowährungen gilt auch bei Ethereum, dass Kursprognosen nicht möglich sind. Es gibt keine realwirtschaftlichen Fundamentaldaten, auf die man eine Analyse stützen könnte. Anleger hoffen, dass mit einer möglichen Zulassung der Ethereum-ETFs die Kurse steigen werden und verweisen auf die Wertentwicklung des Bitcoins. Seitdem die Diskussion um die Indexfonds im Spätsommer hochgekocht war, stieg der Kurs bis heute um gut 140 Prozent.
Bei Ethereum gibt es noch Aufwärtspotenzial. Im selben Zeitraum hat sich der Wert der Kryptowährung „nur“ verdoppelt. Das könnte darauf hindeuten, dass Anleger vorsichtshalber eine mögliche Zulassung der Ethereum-ETFs nicht oder zumindest nicht komplett einpreisen. Dennoch: Eine Ablehnung dürfte sich negativ auf den Kurs auswirken. Wenn die SEC aber grünes Licht geben sollte, stehen die Chancen tatsächlich gut für weiteres Kurswachstum – insbesondere wenn nicht nur Privatanleger, sondern auch institutionelle Investoren einsteigen.
Was würden die Ethereum-ETFs deutschen Anlegern bringen?
Wenn die Ethereum-ETFs zugelassen werden, würden Anleger aus Deutschland nur über mögliche Kursgewinne profitieren. Die Indexfonds wären nur in den USA handelbar. Es ist auch ausgeschlossen, dass sie mit Verzug in Deutschland auf den Markt kommen. In Europa müssen ETFs und Fonds aus regulatorischen Gründen mehrere Werte umfassen.
Allerdings können deutsche Anleger bereits jetzt in Ethereum investieren, indem sie die Digitalwährung über Kryptobörsen oder über Inhaberschuldverschreibungen an der Börse kaufen. Das geht über sogenannte ETPs (Exchange Traded Products), mit denen Assets, die eigentlich nicht an der Börse gehandelt werden, über die Integration in ein anderes Produkt aber handelbar gemacht werden.
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