Besuch bei der Schwesterpartei :
Söder verspricht der CDU Frieden

Von Eckart Lohse, Berlin
Lesezeit: 4 Min.
K-Fragen friedlich klären: Merz und Söder am Dienstag in Berlin
Markus Söder sagt auf dem Parteitag der CDU, dass der Sieg bei der nächsten Wahl an ihm nicht scheitern werde. Bei der Kanzlerkandidatur sei ein CDU-Vorsitzender „natürlich“ immer der Favorit.

Zwei Tage dauert der CDU-Parteitag nun, viel ist geschafft. Der Vorsitzende Merz ist wiedergewählt, das Grundsatzprogramm verabschiedet. Die Reihen geschlossen. Was fehlt, ist eine richtige Stimmungsrede. Ein Bierzeltkracher. Die Lücke füllt am Dienstagnachmittag ein Gast aus München. Einer, der Bierzelt kann, der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder. Er lässt kein Thema aus, für das man in der CDU Beifall bekommen kann. Schwarz-Grün, Gendern, Atomausstieg, Kanzler verhauen.

Doch erst klärt Söder etwas Grundsätzliches. Er ist in friedlichen Absichten gekommen. Bis heute ist in Erinnerung, wie vor fast neun Jahren Angela Merkel auf dem CSU-Parteitag von Horst Seehofer wegen ihrer Flüchtlingspolitik kritisiert und gedemütigt wurde. Auftritte der Chefs der beiden Unionsparteien beim Parteitag der anderen können so und so ablaufen. Söder also versucht gleich zu Beginn beim Topthema Ruhe zu verbreiten. Die erste K-Frage habe man bereits gut gelöst. „Ursula von der Leyen soll wieder Kommissionspräsidentin werden“, weist Söder auf die Spitzenkandidatur der CDU-Politikerin bei der Europawahl hin.

„Die zweite, die werden wir auch gemeinsam lösen, keine Sorge“, kommt Söder – ohne es direkt zu sagen – auf die Kanzlerkandidatur zu sprechen. „Natürlich“ sei ein CDU-Parteivorsitzender immer Favorit. Das sei historisch eindeutig so. Man habe einen Zeitplan vereinbart, an den man sich halten werde, weist Söder darauf hin, dass erst nach den Landtagswahlen in Ostdeutschland im September entschieden werden soll, wer die Union als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl führt. „Ich verspreche Euch: An mir wird der Erfolg 2025 nicht scheitern.“ Vielmehr verspreche er „im Gegenteil“, dass man das nächstes Jahr zusammen „rocken“ und die Ampel ablösen werde.

Ob der donnernde Applaus mehr dem versprochenen Wahlsieg oder der Zusage gilt, an Söder werde es nicht scheitern, muss offen bleiben. Die Erinnerung daran, wie der CSU-Chef vor der Wahl 2021 erst spät seinen Anspruch auf die Kandidatur angemeldet und damit den gesamten Prozess chaotisiert hat, ist noch frisch genug.

„Am Ende glaubt es noch jemand“

Als das zumindest für den Moment geklärt ist, beginnt Söder mit dem Lob für Merz, für Generalsekretär Carsten Linnemann und den Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei. „Friedrich, Carsten und Thorsten, das ist die neue Dreifaltigkeit der CDU“, sagt Söder. Dann spürt man das Herannahen einer kleinen Relativierung, wie Söder es gerne macht: „Aber jetzt genug gelobt. Am Ende glaubt es noch jemand.“

Nun geht es durch die Themen. Erst, passend zur Europawahl, spricht der Gast über Europa. Söder berichtet von einem Gespräch mit dem indischen Ministerpräsidenten Narendra Modi, der ihm sinngemäß gesagt habe, die Europäer sollten ihre Probleme alleine lösen, aber mit den großen Playern auf der Welt könnten sie nicht mithalten. Söder ruft dazu auf, Europa als Zukunftschance zu nutzen. Man könne Europa besser machen. „Wir sind alle für den Klimaschutz, aber nicht gegen die Wirtschaft.“ Dann zurück ins Bierzelt. Man sei gegen „Klimaideologen und Klimakleber“.

Anschließend kommt das Reizthema Migration an die Reihe. „Wir spüren, dass unkontrollierte Zuwanderung uns überfordert“, sagt Söder. Ein Hieb gegen die Grünen, weil sie sich beispielsweise der Bezahlkarte so lange widersetzt hätten. Das Bürgergeld, das die Ampel beschlossen hat, sei ein „Pullfaktor“ für Migration. „Wir wollen Migration, aber keine Zuwanderung in die Sozialsysteme.“ Es folgt der nächste Schlenker, diesmal zu den Demonstranten, die die Einführung eines Kalifats in Deutschland gefordert haben. Das dürfe man fordern, sagt Söder. Nur eben nicht in Deutschland. Wer so etwas tue und eine doppelte Staatsbürgerschaft habe, dem müsse diese entzogen werden.

Gegen Kiffen, gegen vegane Würste

So geht der Ritt des bayerischen Ministerpräsidenten weiter. Gegen Schwarz-Grün, gegen Wokeness und vegane Würste – Söder rät von deren Konsum ab -, gegen das Gendern, das im Privaten jeder machen dürfe, dass der Staat aber verbieten solle. Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther bekommt einen freundlichen Klaps für seine Forderung, die CDU solle nicht den gleichen Abstand zu AfD und Linkspartei zu halten. Die AfD nimmt Söder sich auch vor. Sie wolle Deutschland an Russland angliedern.

Schließlich geht es gegen das Kiffen, was auf die begrenzte Zulassung von Cannabis durch die Ampel zielt. Vielleicht, so scherzt Söder, wären mit Kiffen die ein oder andere Vorstandssitzung von CDU oder CSU leichter zu ertragen. Aber natürlich ist er gegen das Ampelgesetz. Am Ende geht es nochmal gegen Olaf Scholz, den Bundeskanzler, der im Gegensatz zur Union keine Ruhe ausstrahle. Scholz, so erinnert Söder an eine Aussage des Kanzlers, habe gesagt, wer bei ihm Führung bestelle, der bekomme sie auch. „Das ist etwa so, als wenn man Pizza bestellt und sechs Wochen später chinesisches Essen bekommt.“

Nach 46 Minuten und zwei Minuten Beifall ist Söders Auftritt beendet. Merz hatte am Vortag eine Stunde und 20 Minuten gesprochen und fast zehn Minuten Applaus bekommen. Der gebührende Abstand ist eingehalten. Der CDU-Vorsitzende hat noch ein Geschenk zu überreichen. Die Nachbildung eines Berliner Bären, von der Größe passend, um auf Söders Schreibtisch Platz zu finden. Merz stellt Vergleiche zwischen dem Bären und dem bayerischen Löwen an. Der Bär sei etwas schwerer. Beide Tiere hätten unterschiedliche Lebensräume. Sie hätten aber eine Gemeinsamkeit: „Allen anderen sei herzlich und dringend anempfohlen, sich weder mit dem einen noch mit dem anderen anzulegen“, sagt der CDU-Vorsitzende unter dem begeisterten Beifall der Delegierten.