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SPIEGEL-Spitzengespräch Früherer BND-Chef Schindler erwartet weitere Spionageenthüllungen

»Wir werden weitere Fälle erleben – auch mit der AfD«: Ex-BND-Chef Schindler sieht Deutschland als Ziel ausländischer Einflussnahme. Grünenpolitiker von Notz fordert im SPIEGEL-Talk ein Sondervermögen für innere Sicherheit.
Foto: DER SPIEGEL

Nach dem Bekanntwerden von Fällen mutmaßlicher Spionage oder Einflussnahme autoritärer Staaten im Umfeld der AfD hält der frühere BND-Chef Gerhard Schindler weitere Enthüllungen für wahrscheinlich. »Wir werden weitere Fälle erleben - auch mit der AfD«, sagte Schindler im SPIEGEL-Spitzengespräch mit Markus Feldenkirchen. Die Partei sei ein »interessantes Ziel für ausländische Nachrichtendienste«, sie könne unter anderem Themen im politischen Alltag setzen. »Das macht sie gerade für China und Russland interessant, weil man damit einen Anker für Propaganda und Desinformation in Deutschland hat.«

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Schindler warnte jedoch davor, den Blick auf die AfD zu »verengen«. Personen im Vorstand von großen Volksparteien seien möglicherweise für einen ausländischen Nachrichtendienst schwerer zu bekommen, aber »mindestens genauso wichtig«. Man müsse da wachsam sein und dürfe nicht nachlassen.

Zudem kritisierte Schindler, dass heraufziehende Gefahren zu lange nicht beachtet worden seien. Die Sicherheitsbehörden hätten sich »den Mund fusselig geredet«, immer wieder sei darauf hingewiesen worden, dass in Deutschland Spionage stattfinde. »Aber niemand wollte es hören.« Heute sei Deutschland beim Thema Cybersicherheit in vielen Bereichen schlecht aufgestellt.

Schindler forderte weitere Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. Unter anderem fehle dem BND derzeit die Möglichkeit zum sogenannten Hackback. Wenn Deutschland auf elektronischem Weg attackiert werde, »dann wäre es doch sinnvoll, wenn wir eine E-Mail zurückschicken und den Server, der uns angreift, ausschalten.« Zudem fehle Analysefähigkeit, wenn es etwa darum gehe zu erkennen, wie Russland oder China ihre Agenten führen. »Wir haben nicht die Fähigkeit zu schauen: Wie sind die Reisewege von diesen Menschen? Wie sind die Finanzströme?« Es sei nicht möglich »eine Gesamtanalyse zu machen mithilfe von KI«, sagte Schindler. Er sei jedoch sicher, dass eine solche Mustererkennung Erfolg hätte.

Von Notz bezeichnet Debatte über Hackbacks als »Scheindiskussion«

Sicherheitspolitiker Konstantin von Notz (Grüne) forderte unterdessen im SPIEGEL-Talk angesichts außenpolitischer Bedrohungslagen deutlich mehr Geld für die innere Sicherheit. »Wir brauchen ein Extra-Sicherheitspaket wegen der angespannten Weltlage«, sagte von Notz. Es handele sich um »ein Sondervermögen für die innere Sicherheit«. Sowohl bei der IT-Sicherheit wie auch bei der Ausstattung der Sicherheitsbehörden sei zusätzliches Geld nötig, erläuterte von Notz, der dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Beaufsichtigung der Nachrichtendienste vorsteht.

Bei der von Schindler angestoßenen Debatte über Hackbacks zeigte von Notz sich skeptisch. Er sei zwar »absolut bereit zu diskutieren«, wie man ein solches Verfahren rechtsstaatkonform hinbekomme. Allerdings hob von Notz Probleme hervor, die sich seiner Ansicht nach bei der Umsetzung stellen würden. »Wir haben teilweise eine IT, die noch nicht mal aktuelle Sicherheitsprogramme lädt.« Er halte die Debatte für »eine Scheindiskussion«.

sol