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Praxistest Wey 03: Hammer-Hybrid mit Edel-Ambiente - so greift China jetzt Mercedes an
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Das chinesische Hybrid-SUV Wey 03
Viehmann Das chinesische Hybrid-SUV Wey 03
  • FOCUS-online-Redakteur (München)

Der Plug-In-Hybrid, lange Zeit beliebt in Deutschland, gilt als überholt. Doch jetzt kommen neue Modelle aus China. Der Wey 03 ist ein starkes Hybrid-Statement und überzeugt selbst in kleinen Details. Audi, Mercedes und Co. sollten sich gut anschnallen.

Wenn man den Startknopf eines Autos drückt und zu einer Begrüßungs-Melodie animierte Kois über die Bildschirme schwimmen, dann muss man schon schmunzeln. Und das ist nicht das einzige liebevolle Detail, mit dem der Wey 03 glänzen kann. Wey ist die Premiumsparte des chinesischen Autoriesen Great Wall Motors (GWM), bei der auch einige hochkarätige deutsche Automanager und -entwickler anheuerten . Im Gegensatz zu anderen Herstellern wie BYD, XPeng oder Nio setzte Wey für den Europastart nicht nur auf rein elektrische Fahrzeuge, sondern auf Plug-In-Hybride (PHEV). In China, wo im Gegensatz zur EU keineswegs ein Verbot von Verbrennern geplant ist, verzeichnen die Teilzeit-Elektriker momentan noch größeren Zuwachs als die reinen Akku-Mobile . Für die deutschen Premiumhersteller Mercedes und BMWAudi fällt aus, weil dort nur noch reine Elektroautos entwickelt werden - ist dieser Trend Chance und Herausforderung zugleich: Bei den Stecker-Hybriden waren sie sehr gut unterwegs, auch wenn die Antriebsart wegen ihres hohen Realverbrauchs nicht ganz zu unrecht in Verruf geriet. Die elektrischen Reichweiten waren zu klein und die Nachteile - sowohl gegenüber dem reinen E-Auto als auch gegenüber dem reinen Verbrenner - letztlich zu groß. So wurde das Engagement mehr zu diesen beiden verlagert.

Das Prinzip Plug-In-Hybrid geht in die nächste Generation

Auch in China hat man das erkannt und die staatliche Förderung dieser Antriebsart an neue Mindestreichweiten geknüpft, während in Deutschland Hybride gar nicht mehr gefördert werden. Doch der Vorteil, das elektrische Fahren mit der hohen Flexibilität und Sicherheit eines Verbrenners zu verbinden, macht die Antriebsart wieder interessanter. Und mit einem Modell wie dem Wey 03 beweist die chinesische Autoindustrie, dass Premium auch anders geht als mit Stern oder Ringen auf der Haube. FOCUS online hat den Wagen im Alltag getestet.

GWM Wey 03: Chinesischer Plug-in-Hybrid mit hoher Reichweite
Autoren-Union Mobilität/GWM GWM Wey 03: Chinesischer Plug-in-Hybrid mit hoher Reichweite

Karosserie und Innenraum

Was als erstes auffällt am Wey, ist das Markenlogo - einfach nur ein senkrechter Balken. Der hat aber eine spezielle Bedeutung: Der stilisierte Turm ist das Wahrzeichen der Geburtsstadt des Marken-Gründers Wei Jianjun. Am Heck des Autos prangt stolz der Schriftzug „WEY“, simpel und schmucklos. Das Design des 4,66 Meter lange SUV ist ebenso elegant wie gefällig, im Vergleich zum neuen dramatischen Design von z.B. Hyundai und Kia fast schon konservativ. Ein gutes Platzangebot vorn wie hinten und der 517 Liter große Kofferraum (1289 Liter bei umgelegten Rücksitzen) sind klassenüblich.

GWM Wey 03: Chinesischer Plug-in-Hybrid mit hoher Reichweite
Autoren-Union Mobilität/GWM GWM Wey 03: Chinesischer Plug-in-Hybrid mit hoher Reichweite

Positiv hervorzuheben ist die ausgezeichnete Verarbeitung. Die Türen fallen satt ins Schloss. Von den anschmiegsamen Alcantara-Sitzen (mit Heizung, Belüftung und Massage) über sauber schließende Staufächer bis hin zu den akkurat eingepassten Zierteilen ist im Wey alles Premium; da gibt es keinen Unterschied mehr zu Audi, Mercedes, Lexus oder Genesis.

Zwei Details fielen uns allerdings negativ auf: Die stark nach unten gerichtete Rückfahrkamera verschmutzt relativ schnell. Die elektrische Heckklappe braucht für den Öffnungsvorgang ungewöhnlich lange und es fehlt dem Wey ein Sensor, über den man schwer bepackt auf dem Supermarkt-Parkplatz per Fußbewegung die Klappe öffnen kann.

Ein digitaler Assistent ermöglicht im Wey 03 eine besondere Sprachbedienung
Viehmann Ein digitaler Assistent ermöglicht im Wey 03 eine besondere Sprachbedienung

Bedienung und Infotainment

Sie mögen Tesla nicht oder den Weg, den zum Beispiel Volvo einschlägt in eine Welt ohne Knöpfe ? Dann sind Sie im Wey gut aufgehoben. Der Instrumententräger ist zwar rein digital und schmal, fügt sich aber harmonisch ins Armaturenbrett ein und wird durch das Head-Up-Display (serienmäßig ab „Luxury“-Ausstattung) optimal ergänzt. Die Bedienung der Klimaanlage hat ein eigenes Display und in der Mitte prangt der große 14,6 Zoll-Monitor für Infotainment, Navigation und alles andere. Per Sprachbedienung hilft der für China-Autos typische Assistent - in unserem Testwagen als „Charlie“ programmiert - und steuert auf Wunsch Sitzheizung, Lautstärke, Navigation, Telefonanrufe und vieles mehr.

GWM Wey 03 und 05: Die Luxus-Langläufer
Autoren-Union Mobilität/GWM GWM Wey 03 und 05: Die Luxus-Langläufer

Genial ist die Handy-Verbindung: Das Smartphone findet Platz in einem eigenen Schacht vor der Mittelarmlehne, wird dort magnetisch festgehalten und gleichzeitig geladen. So ist das Display außer Sicht und das Handy kann nicht im Auto herumfliegen; die Funktionen lassen sich aber per Bluetooth, Android Auto oder Carplay trotzdem steuern. Die Liebe zum Detail zeigt sich auch an andereren Stellen. So gibt die Einparkhilfe mit ihrer Rundum-Kamerasicht sogar den Abstand zu anderen Objekten in Zentimetern an. Und das Head-Up-Display hat einen „Schnee“-Modus, bei dem die Anzeigen statt in Weiß in sanftem Blau erscheinen, damit sie sich besser vom Untergrund abheben.

GWM Wey 03 und 05: Die Luxus-Langläufer
Autoren-Union Mobilität/GWM GWM Wey 03 und 05: Die Luxus-Langläufer

Weniger überzeugt waren wir von den Assistenzsystemen. Zwar hat der Wey sie alle: Abstandsregeltempomat, Spurwechselwarner mit oder ohne Eingriff, Heckaufprall-Warner und, und, und. Eine - im Gegensatz zum Rest des Cockpits ziemlich plump an der A-Säule angebrachte - Kamera überwacht den Fahrer und schlägt zum Beispiel Alarm, wenn man länger von der Straße wegschaut. Doch die Abstimmung ist noch nicht optimal, die diversen Warnungen (einige davon schaltet man irgendwann genervt aus) irritieren manchmal eher und die Verkehrszeichenerkennung hat Aussetzer. Dem Anschein nach handelt es sich dabei nicht um Hardware-Probleme, sondern Adaptionsprobleme an den deutschen Straßenverkehr und/oder die neuen EU-Richtlinien zu Assistenzsystemen. Wey verspricht Nachbesserung in Form eines großen Software-Updates.

Fahrwerk und Fahrverhalten

Wie alle chinesischen SUV ist der Wey eher weich abgestimmt und die Lenkung eher indirekt, auch wenn man sie in drei Modi anpassen kann. Dem Fahrkomfort kommt das durchaus entgegen, schließlich wiegt der Wagen stolze zwei Tonnen und ist als gemütlicher Cruiser ausgelegt. Dennoch überzeugt er mit einem gutem Geradeauslauf auf der Autobahn und einer selbst bei Tempo 200 annehmbaren Geräuschkulisse. Maximal sind sogar 230 km/h drin. Da hat man die zum Teil schon bei 170 oder 180 km/h abgeregelten Batterie-SUV der Konkurrenz schnell hinter sich gelassen. Man trifft sich dann ja vielleicht an der nächsten Ladestation wieder.

Schluss mit Coffee-Kränzchen: China-Hybrid GWM Wey 03 im ersten Test
GWM Schluss mit Coffee-Kränzchen: China-Hybrid GWM Wey 03 im ersten Test

Antrieb, Reichweite und Verbrauch

Und damit kommen wir zur eigentlichen Besonderheit des Wey 03, seinem Antrieb. Um es kurz zu machen: Das was Sie mit diesem Wagen bekommen, kann derzeit weder Audi noch BMW oder Mercedes liefern - nämlich einen Plug-In-Hybriden, der wirklich brauchbare elektrische Reichweite bietet. So funktioniert der Antrieb:

  • Ein 2,0 Liter großer Vierzylinder-Turbobenziner mit 150 kW / 204 PS wird mit einem elektrischen Synchronmotor kombiniert. In der Allradversion stehen zwei davon zur Verfügung, die zusätzlich zwischen 60 kW / 82 PS und maximal 120 kW / 163 PS an die Vorderachse und 47 kW / 64 PS bis maximal 135 kW / 184 PS an die Hinterachse schicken können.
  • Die Systemleistung beträgt bei der Allrad-Version (AWD) 325 kW / 442 PS , womit der Wagen im Sport-Modus in 5,3 Sekunden von 0 auf 100 km rennt. 685 Newtonmeter Drehmoment stehen parat.
  • Der Lithium-Ionen-Akku hat eine nutzbare Kapazität von 28,90 kWh (netto).
Das chinesische Hybrid-SUV Wey 03
Viehmann Das chinesische Hybrid-SUV Wey 03

Offiziell gibt Wey einen Durchschnittsverbrauch von 0,5 Litern Benzin und 24,3 kWh Strom auf 100 km an. Ganz schafften wir das nicht: Im Misch-Einsatz mit überwiegen Stadt- und Landstraßenverkehr und etwas Autobahn-Anteil kamen wir auf 1,8 Liter. Bei wenig Leistungsanforderung allerdings spielt der Wagen seine Stärken aus und es sind reale 130 bis 140 km elektrische Reichweite drin . Das ist rund doppelt soviel wie bei den meisten bisherigen Plug-In-Hybriden.

Aufladen lässt sich das SUV entweder über ein Notkabel an jeder Steckdose, an der Wallbox mit maximal 11 kW (3-phasig), was etwas mehr als drei Stunden dauert, oder per CCS-Stecker an der Gleichstrom-Ladesäule (DC) mit maximal 50 kW (in unserem Test wurden 43 kW erreicht). Was allerdings fehlt, ist eine Kontrollleuchte an der Ladebuchse oder am Armaturenbrett, die während des Ladens grün leuchtet, so dass man beim Weggehen schnell checken kann, ob das Auto auch wirklich lädt.

Kamerasystem im Wey 03
Viehmann Kamerasystem im Wey 03

DC-Laden unterwegs bedeutet derweil, dass man auch bei einer längeren Pause das Auto sinnvoll an den Stecker hängen kann (im Gegensatz zu anderen Hybriden, die nur AC-Laden beherrschen). Und so selbst auf der Langstrecke einen Verbrauch erzielen kann, bei dem sich jeder normale Verbrenner inklusive des Diesels arg strecken muss. Die Kraftübertragung übernimmt eine 9-Gang-Automatik und der Übergang vom elektrischem zum hybriden Fahren geschieht meistens sehr weich und nahezu unbemerkt; außer man schaltet in den manuellen Getriebemodus M, in dem sich der Vierzylinder sofort und lautstark zu Wort meldet.

Fahrbericht GWM  Wey 03
GWM Wey 03 / Bild: press-inform / GWM Fahrbericht GWM Wey 03

Fazit

Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Wey 03 ist ordentlich, selbst wenn man in Betracht zieht, dass eine hierzulande noch unbekannte China-Marke zunächst einen höheren Wertverlust hat als Mercedes, Audi und Co . Für 55.900 Euro (Luxury AWD - Grundpreis mit Basisausstattung „Premium“ ohne Allrad: 47.900 Euro) bekommt man ein voll ausgestattetes Familien-SUV mit viel Komfort und hoher Verarbeitungsqualität, das dank des innovativen Hybridantriebs gleichzeitig sehr geringe Betriebskosten ermöglicht.

Natürlich bleibt das Grundproblem des PHEV erhalten, dass bei leerem Akku der Verbrauch meistens deutlich höher ist als der offizielle WLTP-Katalogwert. Insofern ist auch nachvollziehbar, dass diese Autos als erste von der Elektro-Kaufprämie ausgeschlossen wurden. Doch zum einen spielte diese Prämie im Premiumsegment ohnehin keine große Rolle und zum anderen sorgen die 140 km Elektro-Reichweite dafür, dass die Verbrauchsersparnis im Vergleich zum normalen Verbrenner viel größer ist als bei früheren PHEVs. Und Langstrecken legt man viel entspannter zurück als mit dem reinen E-Auto: Eine Planung, wann, wo und wie oft man laden muss, ist überflüssig . Den Akku lädt man eben auf, falls sich eine Gelegenheit ergibt, und fährt ansonsten mit kurzen Tankstopps durchs halbe Land. Man ist viel autonomer unterwegs als mit einem Batterieauto.

Das Inftotainment-System erfordert ein wenig Einarbeitung und ein paar Software-Bugs der Assistenzsysteme müssen noch entfernt werden. Wey verspricht, dass die dazu nötigen Updates spätestens im Frühsommer erfolgen und wahrscheinlich over-the-air, also ohne nötigen Werkstattbesuch, aufgespielt werden können. Insgesamt hinterlässt der Wey 03 jedenfalls einen Eindruck, den man bei so manchem unter Effizienz-Druck stehenden deutschen Hersteller mittlerweile vermisst: An allem, was der Kunde sieht und erlebt, wurde nicht gespart.

Typ Wey 03 AWD
Motor Vierzylinder-Turbobenziner mit zwei E-Motoren
Hubraum (cm3) 1998
Leistung in PS (KW) bei U/min-1 442 (325) bei
Max. Drehmoment (Nm) bei Umin-1 685 Nm bei U/min
Höchst-
geschwindigkeit (km/h)
230
Beschleunigung 0-100 km/h (sek.) 5,3 sec.
Getriebe 9-Gang Automatik
Antrieb Allradantrieb
Treibstoffsorte Hybrid
Länge (mm) 4668
Breite (mm) 1890
Höhe (mm) 1730
Gewicht, Hersteller-
angabe (kg)
2295
Preis (Euro) 55.900,00 €
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